Rainer H. Rauschenberg

Potentiale für die Verringerung der externen Effekte des Verkehrssektors durch einen dezentralisierten und automatisierten Gütertransport der Bahn

- Disputationsvortrag -

Jedermann weiß, daß die Eisenbahn mit Zügen nach einem Fahrplan fährt. Daher erscheint fast jedem, der zum ersten mal davon hört, die Idee reichlich merkwürdig, auf den Gleisen der Bahn einzelne Gütertriebwagen fahren zu lassen, die noch dazu fahrerlos, fahrplanlos und ohne zentrale Steuerung nach Bedarf verkehren. Auch ich mußte erst einige "ja, aber" verdauen, bevor ich den Eindruck gewann: "das könnte funktionieren".

In einem gewissen Sinne ist die Idee des automatisierten und dezentralisierten Eisenbahngüterverkehrs die unbefangene Antwort auf zwei Fragen, nämlich: Muß Eisenbahngüterverkehr notwendigerweise so völlig anders organisiert sein als Straßengüterverkehr? und: Welche Rahmenbedingungen des Eisenbahnbetriebs waren früher einmal technisch bedingt, sind heute aber nur noch "Tradition", weil durch den technischen Fortschritt Beschränkungen weggefallen sind?

Die im Vergleich zum Straßenverkehr leichte Automatisierbarkeit des Eisenbahnverkehrs ermöglicht es, einen spürbaren Kostenvorteil gegenüber dem Lkw auch bei einer Verkleinerung der "Losgrößen" des Produkts der Güterbahn zu realisieren. Durch die kleineren Transporteinheiten werden Fahrten lohnend bzw. zum Straßengütertransport konkurrenzfähig, die bisher ausschließlich für den Straßentransport in Frage kommen. Damit läßt sich das fundamentale Problem der Bahn angehen, daß die Verkehre, die als besonders eisenbahnaffin gelten, also die "natürlichen Stärken" der Bahn bilden, mehr und mehr zurückgehen - der Bahn kommt seit einiger Zeit der Markt für ihr Angebot im Güterverkehr abhanden.

Als weiterer Vorzug einer Einführung dieser Technologie wurde von Rosebrock, der in seiner Dissertation das Prinzip der dezentralen Koordination und Routenfindung mit einer Simulation zeigte, angeführt, daß Eisenbahnverkehr ja umweltfreundlicher als Straßenverkehr sei. Auch Prof. Frederich, der die Idee des automatischen Fahrens auf Schienen von der ingenieurwissenschaftlichen Seite her bearbeitet, hat sich mir gegenüber ähnlich geäußert.

Aber diesen Vorzug haben die fahrerlosen Gütertriebwagen keineswegs mit Sicherheit - immerhin ändern sich grundlegende Parameter. Die Bahn ist u.a. deshalb so umweltfreundlich, weil die langen Züge aerodynamisch wesentlich günstiger sind, als viele einzelne Fahrzeuge, die keinen Windschatten ausnutzen.

Also habe ich mir die Frage gestellt: Wird sich der automatisierte und dezentralisierte Eisenbahngüterverkehr bei einer genauen Nachprüfung als umweltfreundlicher als der Straßengüterverkehr erweisen? Dehnt man die Frage auf andere externe Effekte, also insbes. Unfall- und Staukosten, aus, dann lautet die in der Arbeit untersuchte Hypothese:

Der automatisierte und dezentralisierte Eisenbahngüterverkehr weist geringere negative externe Effekte pro Transportleistung auf als der Straßengüterverkehr, aber höhere als der bisherige Eisenbahngüterverkehr.

Um diese Untersuchung durchzuführen, habe ich auf die bestehende Literatur zu externen Effekten des Verkehrs zurückgegriffen, die hinter den externen Kosten stehenden technisch-naturwissenschaftlichen Zusammenhänge untersucht und daraus die zu erwartenden transportleistungsspezifischen externen Kosten fahrerloser Gütertriebwagen errechnet.

Ich habe mich letztlich auf externe Kosten beschränkt, nicht nur, weil in der Literatur weitestgehend die Begriffe "externe Effekte des Verkehrs" und "externe Kosten des Verkehrs" synonym verwendet werden, sondern weil ich nach genauer Untersuchung der neuesten mir bekannten Arbeiten, die die Existenz externer Nutzen des Verkehrs in einer relevanten Größenordnung zu zeigen versuchen, auch zu dem Ergebnis gekommen bin, daß keine nennenswerten positiven technologischen externen Effekte des Verkehrs existieren. Der in letzter Zeit von verschiedenen Autoren unternommene Versuch die positive Wirkung von Verkehrssystemen auf das langfristige Wachstum und den technischen Fortschritt den negativen externen Effekten gegenzurechnen führt zu grundlegenden Problemen, da dabei unmerklich das theoretische Fundament der externen Effekte verlassen wird; und letztlich fehlt dann ein Kriterium, um verschiedene Situationen sinnvoll zu vergleichen.

Also habe ich mich auf die externen Kosten beschränkt. Und wie schon gesagt, habe ich mich bemüht, sie auf technische Gründe zurückzuführen.

Die Luftverschmutzung ist bei vergleichbarer Motorentechnologie eng an den Energieverbrauch gekoppelt. Daher ergab sich ja auch der ursprüngliche Anlaß für meine Arbeit: Der Energieverbrauch - und somit bei ähnlicher Motorentechnologie auch der Schadstoffausstoß - einzelfahrender Gütertriebwagen wird in etwa in der Mitte zwischen dem des herkömmlichen Eisenbahngüterverkehrs und dem des Straßengüterverkehrs liegen, denn ein Gütertriebwagen kombiniert in etwa den Luftwiderstand eines Lkw mit dem Rollwiderstand eines Eisenbahnwagens.

Luftverschmutzung war zwar im Verkehrsbereich eine zeitlang fast gleichbedeutend mit externen Kosten - inzwischen stellt sie jedoch bei weitem nicht mehr den größten Einzelposten. Dies ist zum einen auf die erreichten Erfolge in der Abgasreinigung zurückzuführen, die einen ansehnlichen Teil der externen Kosten einfach verschwinden ließen, zum anderen aber auch auf die zunehmende Bedeutung anderer Problemfelder. Bei Unfällen z.B. ging dies auch mit Fortschritten bei der Methodik der Erfassung der externen Kosten einher.

Lärm ist ein Bereich, in dem man das eigentliche Problem der Bahn in Bezug auf externe Effekte recht deutlich sehen kann: es bestehen zwar Vorteile, die der Bahn in einem gewissen Sinne in den Schoß gefallen sind, weil sie als Nebeneffekt der eingesetzten Technologie auftraten, aber es gab erst sehr spät und auf deutlichen politischen Druck auch Ansätze, gezielt für eine weitere Lärmreduktion zu sorgen. Während Lastkraftwagen in praktisch allen Komponenten beständig leiser wurden, haben bremsende Güterzüge eine Geräuschentwicklung, die anzeigt, daß hier die Technologie der zwanziger, dreißiger Jahre werkelt. Trotzdem liegen die externen Kosten durch Lärm pro Tonnenkilometer bei der Schiene nur etwa halb so hoch wie bei der Straße. Dieser Vorteil wird dem automatisierten und dezentralisierten Eisenbahngüterverkehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erhalten bleiben - die zusätzlich vorhandenen Potentiale für eine darüber hinausgehende Lärmreduktion habe ich nicht in Ansatz gebracht, weil sie zu sehr von heute noch nicht bekannten Details der Konstruktion und der Betriebsweise abhängen.

Die Bahn kann als einheitliches Unternehmen, das praktisch alleine Verkehre auf seinem eigenen Schienennetz durchführt, nicht von externen Kosten durch Staus betroffen sein. Dies ändert sich aber zur Zeit gerade, denn eines der wichtigsten Ziele der Bahnreform war, Wettbewerb beim Bahnbetrieb zu ermöglichen. Allerdings ist das Trassenpreissystem der Deutschen Bahn AG, das anderen Verkehrsunternehmen einen diskriminierungsfreien Zugang zum Schienennetz ermöglichen soll, bei allen Mängeln doch so ausgestaltet, daß es wegen der Ausrichtung auf fahrplanmäßige Verkehre für Staus an sich keinen Raum läßt.

Soll jedoch ein nicht fahrplangesteuerter Verkehr fahrerloser Gütertriebwagen eine Chance auf Erfolg haben, so muß dieses Trassenpreissystem geändert werden - durch den Zwang zur Einhaltung von Fahrplänen würde die dem System innewohnende Flexibilität schon im Ansatz erstickt. Die Bahn hat zwar auf der Basis des jetzigen Trassenpreissystems gute Chancen ein funktionierendes Preissystem zu schaffen, das Knappheiten anzeigt, ohne unnötig einzuengen, aber was letztlich in der Realität aus dieser Chance gemacht würde, läßt sich schwerlich vorhersehen. Trotzdem halte ich es für gerechtfertigt, dem automatisierten und dezentralisierten Eisenbahngüterverkehr bis zum Eintreten des Gegenteils die nichtvorhandenen Staukosten des jetzigen Eisenbahnverkehrs zugute zu halten, denn auf der Schiene stehen dem Ziel sinnvoller Knappheitspreise für Infrastrukturnutzung nicht solch gigantische politische Widerstände wie bei der Straße entgegen. Bei der Bahn muß ein vorhandenes System nur verfeinert werden, während auf der Straße echte Knappheitspreise mit Lenkungswirkung noch weit von einer flächendeckenden Einführung entfernt sind.

Obwohl die Verkehrssicherheit auf der Straße in den letzten Jahrzehnten dramatische Fortschritte gemacht hat - beständig steigende Verkehrsleistungen gingen mit einem gesunkenen Unfallrisiko einher - entstehen durch die Tatsache, daß Verursacher von Verkehrsunfällen nicht im vollen Umfang zu einem monetären Ausgleich für die verursachten Personenschäden herangezogen werden, externe Effekte in beträchtlichem Ausmaß. Bei der zunehmenden Bedeutung dieser Quelle externer Kosten spielt wohl auch die Tatsache eine Rolle, daß mit zunehmendem Wohlstandsniveau die Wertschätzung (und Zahlungsbereitschaft) für das eigene Leben und damit das Sicherheitsbedürfnis ansteigt. Die Bahn zehrt in Hinsicht auf das geringe Unfallrisiko noch immer von der seit über einem Jahrhundert extrem sicherheitsorientierten Grundhaltung. Auch wenn nach dem Unglück von Eschede in den Massenmedien der Eindruck vermittelt wurde, Bahnfahren sei jetzt plötzlich unheimlich gefährlich geworden, so muß man doch festhalten, daß entsprechende Todesfallzahlen im Straßenverkehr innerhalb etwa einer Woche erreicht werden. Eine allgemeine Tendenz eines vergrößerten Unfallrisikos in Folge der Bahnreform konnte m.W. bisher nicht nachgewiesen werden, obwohl einige Interessengruppen Andeutungen in dieser Richtung machen und einen solchen Nachweis sicherlich publik machen würden. Die externen Kosten durch Unfälle liegen weiterhin auf der Schiene etwa eine Zehnerpotenz unter denen des Straßenverkehrs.

Die fahrerlosen Gütertriebwagen hätten selbst bei gleichem oder höherem Unfallrisiko deutlich geringere externe Effekte durch Unfälle als der bisherige Eisenbahnverkehr, weil sie im Betrieb nur mit einer geringen Anzahl von Personen in Kontakt kommen. Eine der riskantesten Tätigkeiten beim bisherigen Eisenbahngüterverkehr ist ja das Rangieren, das beim automatisierten und dezentralisierten Eisenbahngüterverkehr völlig wegfällt. Außerdem verspricht der Automatisierungsansatz, so wie er von Frederich ausgearbeitet wurde, zusätzlich Sicherheitsgewinne gegenüber dem bisherigen Eisenbahnbetrieb. Trotzdem habe ich vorsichtshalber nur angenommen, daß das bisherige Sicherheitsniveau der Bahn gehalten würde.

Die externen Kosten durch den Treibhauseffekt habe ich mit zu den externen Kosten durch Luftverschmutzung geschlagen - sie sind wegen der schlechten Monetarisierbarkeit ohnehin nur mit einem verschwindend geringen Betrag angesetzt. Ebenso niedrig sind die externen Kosten durch den Flächenverbrauch und die Trennwirkung von Verkehrswegen. Die möglicherweise nicht ganz so geringen externen Kosten durch Belastung von Grund- und Oberflächengewässern wurde in der Arbeit wegen der schlechten Monetarisierbarkeit nicht berücksichtigt.

Grafik

Spezifische externe Kosten beim Straßen- und Schienengütertransport einerseits und zu erwartende spezifische externe Kosten fahrerloser Gütertriebwagen andererseits in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit (nicht-fahrwiderstandsabhängige Größen konstant)

Man kann nun auf der Basis der in der Arbeit ermittelten Parameter die Höhe der transportleistungsspezifischen externen Kosten in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit zeigen. Dabei kann man einerseits für die nicht-fahrwiderstandsabhängigen externen Kosten annehmen, diese seien konstant, andererseits kann man aber auch annehmen, daß sie mit der Fahrgeschwindigkeit linear ansteigen. Beide Varianten habe ich graphisch dargestellt und bei beiden Varianten sieht man, daß der Straßengüterverkehr etwa eine Größenordnung über der Bahn liegt, und daß sich die alte und die neue Eisenbahntechnologie nur wenig unterscheidet.

Grafik

Spezifische externe Kosten beim Straßen- und Schienengütertransport einerseits und zu erwartende spezifische externe Kosten fahrerloser Gütertriebwagen andererseits in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit (nicht-fahrwiderstandsabhängige Größen linear wachsend)

Die Eindeutigkeit dieses Ergebnisses hat mich selbst überrascht, da sie ein ganz anderes Bild liefert, als die grobe Abschätzung, die ursprünglich Anlaß der Arbeit war. Diese Diskrepanz ist darauf zurückzuführen, daß die fahrerlosen Gütertriebwagen durch das geringe zu erwartende Unfallrisiko und die günstige Situation bei der Staukostenproblematik, verbunden mit technischen Vorteilen beim Lärm, bestehende Vorzüge der Eisenbahn aller Voraussicht nach beibehalten können.

Dieses Ergebnis darf allerdings m.E. nicht als eine Art Ausweg aus der Internalisierungsdiskussion verstanden werden: So verlockend der Gedanke für Verkehrs- und Umweltpolitiker sein mag, anstatt der politisch schwer durchsetzbaren Internalisierung externer Kosten durch einen kleinen Anschub für eine wahrscheinlich unter jetzigen Bedingungen schon konkurrenzfähige Schienentransporttechnologie externe Kosten einfach verschwinden zu lassen, so unbefriedigend wäre eine solche Strategie in meinen Augen.

Eine Internalisierung externer Effekte sorgt, indem sie verzerrte Informationen über Knappheiten zurechtrückt, nicht nur für einen Wohlfahrtsgewinn, sie sorgt auch dafür, daß Gewinnaneignungsmöglichkeiten durch technische Fortschritte in den Bereichen besonders groß sind, wo Problemlösungen besonders hohe gesellschaftliche Kosten beseitigen können - so werden innovative Bemühungen in die richtige Richtung gelenkt.

Selbstverständlich können Innovationen auch durch andere Mechanismen ausgelöst in den besonders kritischen Bereichen für Linderung sorgen; gerade der Straßenverkehr ist ein Beispiel hierfür. Es wurden in den letzten zwanzig Jahren nicht nur durch den Kat die Luftschadstoffemissionen deutlich reduziert, sondern ceteris paribus auch der Verbrauch, und somit der Ausstoß an CO2. Wenngleich diese Effekte teilweise durch die Zunahme von Verkehrsvolumen, Fahrleistungen und - zumindest im Personenverkehr - auch Fahrzeuggewicht wieder konterkariert werden, werfen sie doch für meine Arbeit die Frage auf, ob die auf dem Stand von 1990 angesetzten Werte für die externen Kosten nicht inzwischen so veraltet sind, daß sie ein unzutreffendes Bild zeichnen.

Ich halte es grundsätzlich für gerechtfertigt solche relativ alten Daten zu verwenden, weil neuere Werte in der Literatur nicht durchgängig und vergleichbar nachgewiesen und diskutiert sind, weil man des weiteren auf dem Stand von 1990 die Daten für die alte Bundesrepublik ohne zu starken außergewöhnlichen Einfluß der Wiedervereinigung heranziehen kann, und nicht zuletzt, weil man erwarten kann, daß Fehler in der Argumentation und den Zahlen der herangezogenen Studien inzwischen gefunden wurden (diese Erwartung wurde nicht durchgängig erfüllt, ich habe an zwei Stellen die Zahlen korrigieren müssen, da externe Effekte, bei denen der Kreis der Schädiger mit dem der Betroffenen identisch ist, fälschlicherweise als nichtexistent eingestuft wurden).

Wie angesprochen liegt den Daten zu externen Effekten der Stand der Motoren- und Abgasreinigungstechnologie von 1990 zugrunde. Nun wurden aber inzwischen technische Fortschritte erzielt, die eine deutliche Reduktion gegenüber den bei mir angesetzten Werten erlauben, wenn ein hinreichender Anteil der Fahrzeugflotte mit den neuen Technologien ausgerüstet sein wird. Dadurch verringern sich insbes. die luftverschmutzungsbedingten externen Kosten des Straßengüterverkehrs - eine prozentual ähnliche Reduktion bei der Schiene wirkt sich auf Grund der ohnehin geringeren Emissionen absolut deutlich geringer aus. Das Volumen der externen Effekte durch Luftverschmutzung ist also vermutlich inzwischen kleiner als 1990 und sinkt weiterhin. Um eine grobe Abschätzung vorzunehmen habe ich den durchschnittlichen Reduktionsfaktor für die Abgasgrenzwerte zwischen Euro 0 (Stand 1988/90) und Euro 4 (gültig ab 2005) berechnet: Es ist etwa ein Faktor von 10, um den die Emissionen von Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffen, Stickoxiden und Dieselruß pro kWh zurückgehen. Allerdings erlauben es für den Lkw entwickelte "sauberere" Motorentechnologien auch einen neu entwickelten Gütertriebwagen entsprechend umweltfreundlich anzutreiben.

Auch im Bereich der Straßenverkehrsunfälle sind über lange Zeit konstante Fortschritte zu beobachten - am dramatischsten ist dabei wohl der positive Effekt der Sicherheitsgurte und der Gurtpflicht. Betrachtet man die Entwicklung der Beteiligung der Fahrzeugführer von Güterkraftfahrzeugen an Unfällen mit Personenschaden, so kann man von 1991 bis 1997 einen Rückgang der fahrleistungsspezifischen Werte um rund 10% feststellen.

Korrigiert man die vorstehende Grafik um diese Faktoren, so daß sie die externen Kosten 1990 mit dem spezifischen Lkw-Unfallrisiko von 1997 und dem spezifischen Schadstoffausstoß von Lkw-Motoren 2005 zeigt, ergibt sich folgendes Bild:

Grafik

Spezifische externe Kosten beim Straßen- und Schienengütertransport einerseits und zu erwartende spezifische externe Kosten fahrerloser Gütertriebwagen andererseits in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit unter der Annahme, daß alle Lkw und die fahrerlosen Gütertriebwagen die Euro 4 Abgasgrenzwerte einhalten und unter Berücksichtigung des Rückgangs der spezifischen Unfallhäufigkeit beim Straßengüterverkehr von 1991 bis 1997 (nicht-fahrwiderstandsabhängige Größen linear wachsend)

Was auffällt ist, daß man fast keinen Unterschied zu der entsprechenden Grafik von vorhin sieht. Der Unterschied wird jedoch deutlich, wenn man beide Grafiken übereinanderlegt:

Grafik

Vergleich der beiden vorstehenden Grafiken

Man erkennt, daß der Einfluß der vom Fahrwiderstand abhängigen externen Kosten durch Luftverschmutzung zurückgegangen ist - an dem sichtbaren Unterschied in der Größenordnung der externen Effekte zwischen Straßen- und Schienenverkehr ändert sich nichts.

Das entsprechende Bild ergibt sich auch bei der anderen Darstellungsvariante:

Grafik

Vergleich mit der anderen Darstellungsvariante

Obwohl also die seit 1990 erfolgten Fortschritte beim Straßengüterverkehr das Ergebnis meiner Arbeit nicht sehr verändern, deuten sie doch in meinen Augen auf das eigentliche Problem der Bahn hin, nämlich daß sie sich auf ihren Lorbeeren ausruht. Kürzlich (1998-11-27) konnte man in der Frankfurter Rundschau lesen, daß die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands die Bundesregierung aufforderte, die Bahn generell von der Ökosteuer zu befreien, denn das Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, werde sonst massiv in Frage gestellt. Die stillschweigende Annahme, deren Überprüfung meine Arbeit darstellt, daß nämlich Eisenbahn, egal wie sie im Detail aussieht, quasi definitionsgemäß umweltfreundlich sei, droht zur selbstgestellten Falle für die Bahn zu werden. Wenn externe Effekte für die Bahn immer nur Probleme der anderen, der Konkurrenz, sprich: des Straßenverkehrs sind, dann wird das technisch mögliche Potential für umweltfreundlichen und sicheren Verkehr nicht ausgeschöpft.

Wenn die These richtig ist, daß das Lernen aus technischen Fortschritten der "Konkurrenz" nur innerhalb eines technologischen Paradigmas normal ist, dann bietet ein automatisierter und dezentralisierter Eisenbahngüterverkehr die Chance, nicht nur durch die weitgehenden Ähnlichkeiten zum Straßengüterverkehr von den dort erzielten Fortschritten direkt zu profitieren, sondern vor allem auch durch die mögliche Konkurrenz von Frachtführern im Schienenverkehr Innovationen anzuregen.

Die Idee des flexibel organisierten Verkehrs mit kleinen Einheiten, ohne die Notwendigkeit einer zentral den Betrieb koordinierenden Instanz, eröffnet Möglichkeiten für Wettbewerb auf dem Schienennetz, der nicht zuletzt auch die Anreize zu umweltschonendem technischen Fortschritt besser umzusetzen in der Lage zu sein verspricht, als das monolithische Mammutunternehmen, das die Deutsche Bahn trotz aller formalen Aufspaltung strukturell noch ist und wohl auch noch geraume Zeit sein wird.

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