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Die Geschichte der Externalitätendiskussion zeigt, daß ursprünglich positive Wirkungen von Wirtschaftssubjekten auf andere Wirtschaftssubjekte als ein möglicherweise problematisches und einen staatlichen Eingriff nötig machendes Phänomen diskutiert wurden, während negative externe Effekte eher als exotischer Sonderfall galten. [150] In der umweltökonomischen Diskussion externer Effekte des (Straßen-) Verkehrs sind demhingegen ursprünglich nur externe Kosten untersucht worden, die Möglichkeit der Existenz externer Nutzen [151] (also positiver externer Effekte) wurde zunächst nicht in Betracht gezogen.
Die These, den externen Kosten des (Straßen-) Verkehrs stünden nennenswerte externe Nutzen gegenüber, die zu berücksichtigen, wenn nicht gar mit den externen Kosten zu verrechnen seien, wird nun in den letzten Jahren wiederholt aufgestellt, [152] es existiert jedoch bei weitem noch nicht so eine breite Literatur wie zu den externen Kosten. Als einer der ersten hat Diekmann (1990) in einer Studie den externen Kosten des Straßenverkehrs externe Nutzen [153] gegenübergestellt, "allerdings ohne die Grundlagen für die Höhe seiner Schätzung klar darzulegen". [154] Er setzt die externen Nutzen des Straßenverkehrs mit 10% bis 20% des in der Bundesrepublik erwirtschafteten Sozialprodukts an. [155] Im Gegensatz dazu legen Aberle et al. (1993) [156] die Grundlagen ihrer im folgenden näher vorgestellten Berechnung offen. Während sie jedoch noch im Rahmen der neoklassischen Wohlfahrtsökonomik argumentieren, geht Willeke (1996) erklärtermaßen darüber hinaus und bezieht Argumente aus der evolutionären Ökonomik und anderen Ansätzen, die technischen Fortschritt endogenisieren, in die Analyse mit ein. Die Beschäftigung mit dieser Arbeit nimmt den Hauptteil dieses Kapitels ein. Denn sollte sich die Willekesche These als richtig erweisen, daß die Forderung nach Internalisierung der externen Kosten des Straßenverkehrs alleine schon deshalb nicht sinnvoll bzw. die Internalisierung gesellschaftlich nicht wünschenswert ist, weil die positiven Wirkungen des Straßenverkehrs auf jeden Fall etwaige negative Wirkungen überkompensieren und durch den Versuch einer Internalisierung zerstört würden, so wäre es wohl müßig, die zu erwartenden externen Kosten eines automatisierten und dezentralisierten Eisenbahngüterverkehrs zu berechnen [157] - zumindest aber wären auch die zu erwartenden externen Nutzen eines automatisierten und dezentralisierten Eisenbahngüterverkehrs in die Berechnung einzubeziehen.
Aberle et al. (1993) errechnen die "social benefits of the long distance road transport of goods" [158] im Rahmen einer komparativ-statischen Betrachtung. Sie summieren zu diesem Zweck die Kosten, die durch eine Verlagerung von 30% des Straßengüterfernverkehrs auf die Schiene entstünden. [159] Von diesen Kosten subtrahieren sie die auf der Basis der Ergebnisse der Planco-Studie [160] errechneten externen Kosten des Straßengüterfernverkehrs. Das Ergebnis identifizieren sie als die sozialen Nutzen des Straßengüterfernverkehrs. [161]
Aberle et al. zeigen sehr deutlich, daß eine entscheidende Quelle von social benefits (im Sinne der üblichen Begriffsverwendung) in den Qualitätsdimensionen der Transportdienstleistung liegt, daß also konkret die Geschwindigkeit, die Zuverlässigkeit und die ergänzenden Dienstleistungen entscheidend für die Wahl des Transportmittels sind. [162] Gerade diese Qualitätsaspekte wurden wohl auch von den Nachfragern im Zeitverlauf immer stärker gewichtet - sind sie doch eng mit modernen logistischen Konzepten wie z. B. "just in time" verknüpft.
Problematisch hierbei ist, daß der Titel und ein Teil der Einführung von Aberle et al. (1993) suggeriert, es würden externe Nutzen des Straßengüterfernverkehrs berechnet, die den externen Kosten gegenüberzustellen seien. [163] Was jedoch letztlich berechnet wird, sind die Kosten einer mit rein dirigistischen Mitteln durchgesetzten Verlagerung. Die Kosten solch einer Verlagerung stellen aber nicht die vorgeblich gemessene Größe dar, sie hängen auch keineswegs in irgendeiner Weise eng mit ihr zusammen, sondern es sind einzig und allein die Kosten eben einer solchen dirigistischen Maßnahme. Leider erläutern Aberle et al. an keiner Stelle, aus welchem Grund sie die Analyse auf diesem Wege durchführen. Es wird auch keine plausible Begründung dafür angeführt, daß gerade eine Verlagerung von 30% fingiert wird. Es erscheint nicht plausibel, daß Aberle et al. vermutet haben sollten, Positionen wie die von Wolf (1986) drohten wirklich real umgesetzt zu werden. [164]
Versucht man, das Ergebnis von Aberle et al. (1993) zum Themenkomplex der externen Effekte des Straßenverkehrs in Beziehung zu setzen, so läßt es sich allerdings auf eine andere Weise sinnvoll interpretieren: als Prognose nämlich, daß eine korrekte Internalisierung der externen Kosten des Straßenverkehrs wegen der bestehenden internen Nutzen kurzfristig [165] zu einer Reduktion des Straßengüterfernverkehrs von weit weniger als 30% führen wird. Dies ist nicht nur ein interessantes Ergebnis, gerade auch in Hinsicht auf die normalerweise in der öffentlichen Diskussion erwarteten Verlagerungswirkungen, sondern deutet auch in seinen Gründen auf die Felder der Schienentransporttechnologie, [166] bei denen innovative Weiterentwicklungen die größten Vorteile [167] versprechen. Leider wird dieser Aspekt bei Aberle et al. jedoch nicht weiter herausgearbeitet.
Indem Aberle et al. ganz zu Beginn der IRU-Studie auf die Bedeutung des Straßengüterverkehrs für die moderne arbeitsteilige Industriegesellschaft verweisen, [168] deuten sie zugleich auf den problematischsten Punkt der eigenen Analyse und auf die naheliegende Verschiebung des Schwerpunkts der Suche nach externen Nutzen des Straßengüterverkehrs. Denn letztlich verweisen sie damit auf die Auswirkungen des Verkehrssystems auf die wirtschaftliche Entwicklung, und dieses Themengebiet ist im Rahmen einer rein komparativ-statischen Analyse nicht sinnvoll zu bearbeiten. Aberle et al. (1993) entwickeln, um die Bedeutung des Straßengüterverkehrs zu zeigen, das Szenario einer hypothetischen Verlagerung, das zur Errechnung immenser Kosten führt. Diese unzweifelhaft unerwünschten Konsequenzen drohen aber in der Realität gar nicht einzutreten, weil keine politische Partei ernsthaft eine dirigistische Verlagerung von 30% des Straßengüterfernverkehrs auf die Schiene fordert. [169]
Wenn die Bedeutung des Straßengüterverkehrs für die wirtschaftliche Entwicklung gezeigt werden soll, so verspricht nur eine dynamische, den technischen Fortschritt einschließende Analyse einen Erfolg. Dieser Aufgabe stellt sich Willeke (1996).
Schon in den Kanalbauten im Frankreich des 15. Jahrhunderts spiegelt sich die Ansicht, daß Verkehrsinfrastruktur eine notwendige Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung, technischen Fortschritt, Innovationen bildet. [170] Dieser Aspekt von Infrastruktur tritt bei einer statischen neoklassischen Sichtweise zurück hinter den Charakter der Infrastruktur als öffentliches Gut, das staatliche Eingriffe erfordert, da es nicht im gesellschaftlich erwünschten Ausmaß privat bereitgestellt wird.
Während in der Literatur zu externen Effekten des Verkehrs [171] i. d. R. die externen Nutzen des Verkehrs aus einer statischen Perspektive heraus als vernachlässigbar eingestuft werden, führt Willeke (1996) an, daß die positiven Wirkungen, die man letztlich den externen Kosten zur Beurteilung der gesellschaftlichen Wünschbarkeit gegenüberzustellen habe, in der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung, des technischen Fortschritts zu suchen sind. Der theoretische Hintergrund ist dabei einerseits geprägt von verschiedenen Arbeiten zur evolutionären Ökonomik, insbes. Nelson / Winter (1982) sowie andererseits von Ansätze aus dem Umkreis des Santa-Fe-Institute, [172] die sich mit nichtlinearer Dynamik in wirtschaftlichen Prozessen befassen; als Vertreter ist hier vor allem Arthur zu nennen.
Hinter dieser Argumentation steht zunächst die grundlegende Feststellung, daß in der neoklassisch dominierten ökonomischen Theorie die Frage nach den Bestimmungsgründen für technischen Fortschritt als außerökonomische eingestuft und daher kaum thematisiert wurden. [173] Geht man im Gegensatz dazu davon aus, daß die Wirkung ökonomischer Parameter auf den technischen Fortschritt nicht nur feststellbar, sondern auch bedeutsam ist, so erscheint es denkbar und wahrscheinlich, daß Maßnahmen, die in Hinsicht auf das Erreichen eines statischen Allokationsoptimums durchgeführt werden, mit Konsequenzen für den technischen Fortschritt verbunden sind, deren Richtung und Ausmaß insgesamt höchstens zufällig als optimal zu betrachten sein könnten.
Willeke (1996) vertritt nun die These, daß die Forderung nach Internalisierung der externen Kosten des Straßenverkehrs, unabhängig von der wirklichen Höhe dieser Kosten, alleine schon deshalb nicht zielführend, d. h. gesellschaftlich nicht gewünscht ist, weil die positiven Wirkungen, Willeke spricht von positiven dynamischen externen Effekten [174], auf jeden Fall etwaige negative Wirkungen überkompensieren und durch den Versuch einer Internalisierung der externen Kosten zerstört würden. Um die Stichhaltigkeit dieser Argumentation zu überprüfen, wird sie im folgenden eng an der Quelle orientiert nachgezeichnet und auf dieser Basis diskutiert.
Willeke selbst faßt sein Kernargument wie folgt zusammen:
"Die Behauptung eines [...] Internalisierungsdefizits ist aber nicht nur durch die großen Schwächen in der Berechnung und Zuordnung der externen Effekte des Verkehrs belastet, sie übersieht zudem die besondere Stellung und innovatorische Wirksamkeit des Verkehrssektors für die wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Fortschritt und damit auch die sachgegebene Verknüpfung von verkehrsinduzierten externen Kosten und externen Nutzen." (Willeke 1996, S. 13.)
Es wird also auf die wichtige Funktion der Möglichkeit der Raumüberwindung für das Wirtschaftswachstum verwiesen, die externe Nutzen stifte. Diese externen Nutzen seien notwendigerweise mit dem Auftreten externer Kosten verknüpft - eine Internalisierung der externen Kosten ohne Berücksichtigung der externen Nutzen als Ergebnis des Versuchs, ein neoklassisches Wohlfahrtsoptimum anzustreben, führe zu einer unnötigen Behinderung des wirtschaftlichen Wachstums; gesellschaftlich erwünscht sei aber ein größtmögliches Wachstum, was wiederum den Verzicht auf Bestrebungen zur Internalisierung externer Kosten bedinge.
Es wird bei Willekes Ausführungen allerdings nicht ganz klar, warum positive Wirkungen des Verkehrssektors auf die wirtschaftliche Entwicklung nicht auch zum Tragen kommen sollten, wenn der Verkehr durch Internalisierungsmaßnahmen dazu gebracht wird, seine vollen sozialen Kosten zu tragen. Warum sollten positive und negative externe Effekte ohne weiteres zu verrechnen sein? [175] Der Verkehrssektor umfaßt eine große Zahl von Akteuren, die mit unterschiedlichen Technologien, die wiederum mit unterschiedlichen externen Effekten verbunden sind, Verkehre durchführen, Transportdienstleistungen anbieten. Wie am Beispiel der Staukostenproblematik im Kapitel 2 zu sehen war, ist es in Hinsicht auf die Allokationseffizienz des Wirtschaftssystems nicht sinnvoll, die gegenseitigen Wirkungen der Akteure innerhalb des Verkehrssektors gegeneinander zu saldieren, ebensowenig ist es m. E. angezeigt, dies in Hinsicht auf negative und positive externe Effekte zu tun. Es ist ja keineswegs so, daß bei irgendeinem ernstzunehmenden Vorschlag zur Internalisierung der externen Kosten undifferenziert "der Verkehr" stärker belastet werden soll. Vielmehr wird i. d. R. eine möglichst zur Erzeugung der Externalitäten proportionale Belastung, d. h. in der Praxis z. B. eine Internalisierung über eine adäquate Erhöhung der Mineralölsteuer, propagiert. Sollte es sich bei genauer Prüfung als richtig erweisen, daß Transportvorgänge mit positiven Externalitäten verbunden sind, da sie z. B. die gesellschaftliche Arbeitsteilung fördern bzw. ermöglichen, so kann z. B. eine klar als solche auszuweisende Subvention gezahlt werden, die den positiven externen Effekt internalisiert. Der wesentliche Unterschied zu einer direkten Verrechnung besteht darin, daß ein Anreiz entsteht, die nutzenstiftende Transportleistung zu geringeren Kosten zu erzeugen. Das heißt es wird ein Anreiz vermittelt, durch technische oder organisatorische Innovationen die sozialen Kosten zu reduzieren, ohne dabei im gleichen Umfang soziale Nutzen einzubüßen. Von Willeke wird eine getrennte Internalisierung externer Kosten und Nutzen jedoch abgelehnt. [176]
In Verbindung mit seiner Kritik am Konzept des Sustainable Development [177] führt Willeke aus, daß sich pessimistische Voraussagen von "Malthus bis zum Club of Rome" [178] immer wieder als falsch erwiesen haben, daß, ganz im Gegenteil, "technische, organisatorische und institutionelle Innovationen [Knappheiten] nicht nur aufgefangen, sondern massiv überkompensiert" [179] haben.
"Fortgesetzt konnten dabei spezifisch knappe Ressourcen durch reproduzierbares Kapital einschließlich von Humankapital substituiert werden. Die Erwartung drohender Mangellagen und kommender Entbehrungen [...] hat noch stets erfinderisch gemacht, und dies in vorher nie erwartetem Umfang." (Willeke 1996, S. 15.)
Erstaunlich ist nach diesem klar ausgesprochenen Vertrauen in die innovativen Potentiale marktwirtschaftlicher Systeme, daß für den Fall der durch eine Internalisierung externer Kosten erhöhten Transportkosten keine strukturelle Anpassung, sondern spürbare Wohlfahrtsverluste erwartet werden. Es scheint fast, als impliziere Willeke, daß diese Anpassungsfähigkeit gerade im Falle des Verkehrssektors [180] nicht gelte.
Vor allem aber wandelt sich dann im weiteren Verlauf der Argumentation stillschweigend die Notwendigkeit von Verkehrsinfrastruktur in eine Notwendigkeit von Straßenverkehrsinfrastruktur und von ungehindertem Straßenverkehr. Und für diese Wendung wird sich weit schlechter eine "Selbstevidenz" präsentieren lassen, auch wenn Willeke wohl eine der These Fogels [181] von der Irrelevanz des amerikanischen Eisenbahnsystems für die wirtschaftliche Entwicklung der USA vergleichbare Argumentation schon wegen des neoklassischen theoretischen Hintergrunds ablehnen wird. [182]
Um es nochmals klar herauszustellen: Willeke spricht nicht nur vom Nachweis, daß die historisch stattgefundene Expansion des Verkehrs eine notwendige Voraussetzung der wirtschaftlichen Entwicklung sei, sondern er versucht damit auch seine These zu stützen, daß der Straßenverkehr hier und heute nicht durch Versuche zur Internalisierung der externen Kosten behindert werden darf. Das heißt mit anderen Worten, daß er nicht nur behauptet, daß eine solche oder vergleichbare [183] Entwicklung ohne eine entsprechende Expansion des Verkehrs nicht möglich gewesen wäre [184] - ein Nachweis, der m. E. eher schwer zu führen sein dürfte [185] -, er überträgt auch eine Aussage, die sich auf den gesamten Verkehrssektor bezieht, auf den Straßenverkehr, ohne irgendwie auf Substitutionsmöglichkeiten innerhalb des Verkehrssektors einzugehen.
Um nicht mißverstanden zu werden: Hier soll nicht behauptet werden, Verkehrsinfrastruktur sei bedeutungslos für die wirtschaftliche Entwicklung. Zweifellos waren z. B. die Vorteile aus verstärkter räumlicher Arbeitsteilung ein wichtiger Wachstumsfaktor. [186] Es wäre jedoch für die Diskussion der These, dem Straßenverkehr sollten externe Kosten nicht angelastet werden, weil er dynamische externe Nutzen stifte, hilfreich, wenn Willeke etwas klarer seine theoretische Basis benannt hätte. Dies hätte es z. B. erlaubt, zu analysieren, ob in Willekes oben zitierter Aussage Personen- und Güterverkehr als durch Nachrichtenverkehr substituierbar angesehen werden oder nicht. Die Empfehlung, nicht zu internalisieren, deutet darauf hin, daß Willeke eine Substitution überhaupt nicht für möglich hält, oder zumindest für weitgehend unmöglich - eine interessante These, die aber bedauerlicherweise weder als solche explizit genannt noch diskutiert wird.
In einer zusammenfassenden Beurteilung der Idee der Sustainable Mobility erläutert Willeke mit recht drastischen Worten, welchen Eindruck das Konzept insgesamt auf ihn macht. Er erläutert, es würden Argumentationsbrocken zusammengesucht, die letzten Endes nicht, wie behauptet, zur Marktwirtschaft hin, sondern von ihr wegführten. [187] Nun ist ohne Zweifel richtig, daß die verschiedenen Befürworter eines Sustainable Development sich noch am ehesten dadurch als Richtung von jenen unterscheiden lassen, die umweltpolitisch fordern, daß die Externalitäten zu internalisieren seien, daß sie ziemlich einhellig eine über die reine Internalisierung hinausgehende Berücksichtigung langfristiger umwelt-, sozial-, verteilungs- und entwicklungspolitischer Problemlagen fordern. Allerdings ist es in Hinsicht auf Willekes (1996) erklärtes Ziel, [188] dynamische [189] und damit langfristige Wachstums- bzw. Entwicklungseffekte [190] als eigentlich relevant für die wirtschaftliche Entwicklung herauszuarbeiten und auf der anderen Seite die wiederholt als überholt eingestufte simple neoklassische Wohlfahrtsökonomik hinter sich zu lassen, [191] schon merkwürdig, daß er gerade den Ansatz der ökologisch orientierten Ökonomik, der eben dieselben Aspekte am stärksten betont, scharf diskreditiert, indem er betont, es würde unter dem Deckmantel marktwirtschaftlicher Argumente letztlich ein Weg fort von der Marktwirtschaft eingeschlagen. Prinzipiell ließe sich diese Kritik auch gegen Willekes eigenes Vorgehen wenden, wobei im einzelnen zu prüfen wäre, inwieweit die eine oder die andere Argumentation zumindest auf der Basis falsifizierbarer Theoriefragmente fußt, oder ob statt dessen letztlich auf vorgeblich selbstevidente Tatbestände rekurriert wird.
Willeke kommt im weiteren nochmals auf das Konzept des Sustainable Development zurück. Er betont, [192] daß aus seiner Sicht langfristige [193] "sustainability" nicht durch Verzichtsleistungen [194] oder lokale Initiativen zu erreichen ist, sondern nur durch
"wirtschaftliche Kräfte und Anreize, die durch eine ununterbrochene Kette von technischen Neuerungen, organisatorischen Fortschritten und institutionellen Verbesserungen die Knappheiten durch Anpassungs-, Umstellungs- und Ersetzungsprozesse auffangen. Die sehr begrenzten Zeitgewinne durch das Strecken von Reserven [...] machen überhaupt nur dann Sinn, wenn sie konsequent für die Entwicklung wettbewerbsfähiger Substitute [...] genutzt werden. Auf diesen Zweck vor allem sollten die Planungsanreize und die Rahmenbedingungen der Wirtschafts- und Verkehrsentwicklung ausgerichtet werden." (Willeke 1996, S. 92.)
Leider bleibt Willeke hier, wie auch im gesamten restlichen Text, eine Aussage darüber schuldig, wie denn wirtschaftliche Anreize zur Entwicklung von umweltfreundlicheren Technologien ausgestaltet sein sollen, wenn das Setzen von Anreizen durch eine Internalisierung der (statischen technologischen) externen Effekte explizit ausgeschlossen wird. [195]
Wie anderenorts angesprochen, betont Willeke [196] die immense Bedeutung der Expansion des Verkehrs für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung. Er zählt dabei explizit neben dem Güter- und Personenverkehr auch den Nachrichtenverkehr auf. Allerdings bleibt unerwähnt, inwieweit Willeke eine Substitution physischen Verkehrs durch Nachrichtenverkehr für möglich hält. Willekes Untersuchung beschränkt sich an sich auf Personen- und Güterverkehr, so wie dies auch der üblichen Konnotation von "Mobilität" entspricht. [197] Und mit seinen Befürchtungen hinsichtlich der kontraproduktiven Wirkungen einer Internalisierung externer Effekte scheint er eine solche Substitution auch nicht für wahrscheinlich zu halten. [198] Es ist vielmehr zu vermuten, daß er den technischen Fortschritt bei den Informations- und Kommunikationstechnologien als eher komplementär zur Straßenverkehrstechnologie ansieht, denn als substitutiv. Darauf deutet zumindest folgende Aussage hin:
"Es scheint, daß es manchen politischen Vorstellungen und Interessen wesentlich passender ist, die Entwicklungen und Perspektiven, die über den mit bloßem Auge überschaubaren Status quo hinausreichen, etwa die Fragen nach den längerfristig wirksamen, aber doch schon deutlich voraussehbaren Technologietendenzen und Innovationspotentialen, zu überspringen oder ganz an den Rand des Interesses zu drängen oder - wie im Fall der Telematik - einseitig auszuwerten." (Willeke 1996, S. 23.)
Erstaunlich ist, daß m. E. relevante Aspekte, z. B. die Frage, wie die Anreizwirkung von Auflagen und Abgaben sowie die Androhung der Implementierung solcher Maßnahmen auf die technologische Entwicklung wirken, ignoriert werden. Willeke impliziert hier, daß technologische Tendenzen realisiert bzw. Innovationen durchgeführt werden, unabhängig davon, ob Internalisierungsmaßnahmen durchgeführt werden (oder zumindest hinreichend wahrscheinlich sind, daß sie als Drohung wirken können) oder nicht. Er wirft einer (oder mehreren?) politischen Gruppe(n) vor, absichtlich absehbare technische Weiterentwicklungen im Verkehrsbereich zu ignorieren oder widersinnig anwenden zu wollen, während er selbst dadurch, daß er in seiner gesamten Arbeit schwere Wohlfahrtsverluste für den Fall eines Versuchs einer Internalisierung der externen Kosten prognostiziert, zeigt, daß er nicht nur eben diesen technischen Fortschritt nicht in seinen Konsequenzen für die reale Kostenbelastung des Verkehrs im Internalisierungsfall in Betracht zieht, sondern darüber hinaus auch die Anreizwirkung von Kostenstrukturen für die Richtung des technischen Fortschritts letztlich leugnet.
Im Rahmen der Einleitung des mit "Externe Nutzen des Verkehrs" überschriebenen Kapitels zieht Willeke (1996, S. 96) das Argument, daß Kosten ohne Nutzen nicht hingenommen würden, als starken Hinweis darauf heran, daß relevante externe Nutzen des Verkehrs existieren müssen. Als Hinweis auf die Untersuchungswürdigkeit dieser Frage mag dieses Argument auch tragfähig sein - versucht man es allerdings in einen Beleg für das Vorliegen technologischer externer Nutzen zu verwandeln, so wird das Argument tautologisch. [199] Man verkennt in diesem Fall, daß eine letztlich auf ein Gefangenendilemma zurückführbare ökonomische Erklärung dafür existiert, daß individuell rationale Handlungen zu kollektiv irrationalen Handlungen führen können. [200]
Die in der Mobilitätsdiskussion populäre These, daß die Siedlungsstruktur zu weiträumig ist, da sie sich an den Signalen eines Preissystems orientiert entwickelt hat, das wegen des Vorliegens externer Kosten die relativen Knappheiten nicht richtig vermitteln konnte, wird von Willeke (1996) interessanterweise nicht diskutiert. Er führt als Begründungen der von ihm im folgenden verworfenen These der zu weiträumigen Siedlungsstrukturen einerseits die Wirkung von Planungskonzepten wie der Charta von Athen [201] und andererseits ganz allgemein einer "fehlerhaften Politik" [202] an. Willeke begründet seine Ablehnung dieser These wie folgt:
"[B]ei allem Gestaltungsspielraum, der für die Stadt- und Landesplanung sowie für die Raumordnungspolitik bestanden hat, mußte - und zwar gleicherweise als Schwungrad und Folge der technisch-ökonomischen Entwicklung - das Gliederungsprinzip zunehmender Differenzierung als das Prinzip der Chancenmehrung dominant sein. Dies galt und gilt ganz augenfällig für die weiträumig interkontinentale und zur Globalisierung tendierende Funktionsteilung und Austauschverflechtung der Produktionssysteme und Wertschöpfungsnetze. Es gilt, zusammen mit allen Planungsvorgaben aber auch für die kleinräumige und regionale Flächennutzung und Bebauung in den Städten, in den Stadt-Umlandbeziehungen und in den zentralörtlichen Beziehungen." (Willeke 1996, S. 34.)
Auffällig ist, daß nicht eigentlich begründet wird, warum das "Gliederungsprinzip zunehmender Differenzierung" als das "Prinzip der Chancenmehrung" die Entwicklung dominieren muß und letztlich der Raumordnung nicht die Option läßt, sich für mehr oder weniger Verkehrswachstum zu entscheiden, sondern vielmehr nur auf die Augenfälligkeit rekurriert wird.
Dieselbe Grundlinie der Argumentation, nämlich, daß es für jeden unmittelbar sichtbar sei, daß das Verkehrswachstum ein unverzichtbarer Bestandteil und vor allem Voraussetzung des Wirtschaftswachstums sei, bringt Willeke an anderer Stelle nochmals vor:
"Welche technisch-ökonomischen Entwicklungsschübe haben denn in [den letzten fünfzig Jahren] die Verdrei- und Vervierfachung der Realeinkommen zustande gebracht, und welche Rolle hat dabei die steigende Mobilität von Personen, Gütern und Informationen und die in die gesamtwirtschaftliche Dynamik unlösbar eingebundene Entfaltung der neuen arbeitsteiligen Standort- und Siedlungsstrukturen gespielt?" (Willeke 1996, S. 36)
Leider ist dies eine rhetorische Frage Willekes, denn sie bildet den Abschluß des letzten Absatzes des Gliederungspunktes und wird nicht mehr beantwortet. Wie die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik verlaufen wäre, wenn schon vor fünfzig Jahren die externen Kosten des Verkehrs internalisiert worden wären, wäre im übrigen eine müßige Diskussion, wenn Willeke nicht implizieren würde, man könne aus dieser vergangenen Entwicklung Empfehlungen für das weitere Vorgehen ableiten. Aber dies ist mit einem doppelten Problem verbunden. Es setzt nämlich nicht nur voraus, daß man aus der beobachtbaren positiven wirtschaftlichen Entwicklung schließen kann, es wäre notwendigerweise schlechter gekommen, wenn bestimmte Parameter andere Werte angenommen hätten, sondern es setzt zusätzlich noch voraus, daß die in der Vergangenheit beobachtbaren Abweichungen von einer verursachungsgerechten Anlastung der Kosten auch in Zukunft ihre letztlich positiven Wirkungen entfalten werden. Selbst wenn man nachweisen könnte, daß die in der Vergangenheit unterlassene Internalisierung als sinnvolle staatliche Investition in Infrastruktur interpretiert werden kann, [203] selbst dann wäre es noch immer zweifelhaft, ob aus dieser Beobachtung aus der Vergangenheit verläßliche Schlüsse für die Zukunft gezogen werden können.
Gerade die letzten fünfzig Jahre waren im Güterverkehr durch eine rigide Regulierung der Preise und des Marktzutritts gekennzeichnet. Dies führt Willeke (1996, S. 44) auch selbst an, um aufzuzeigen, daß die Preise in der Vergangenheit wohl auch im Falle einer Internalisierung nicht höher gewesen wären als sie waren, wenn zugleich die Regulierungen nicht bestanden hätten. Er tritt mit diesem Argument der seiner Aussage nach [204] häufig geäußerten Ansicht entgegen, die bei den Transportnachfragern entscheidungsrelevanten Kosten des Gütertransports hätten in der Vergangenheit signifikant über den Kosten gelegen, die bei den Transportnachfragern entscheidungsrelevant geworden wären, wären ökonomische Prinzipien konsequent verfolgt worden. Willeke (1996, S. 44) verweist auf einen Abbau der Preise des Güterverkehrs in Deutschland um 20 bis 25% als Folge der Deregulierung. Dieses Argument ist ohne Zweifel stichhaltig und deutet darauf hin, daß Verfechter dieser These entweder stillschweigend die Regulierung befürworteten, oder davon ausgingen, daß die Größenordnungen der beiden Effekte voneinander abwichen, so daß der "zu hohe" Preis durch die Regulierung den "zu niedrigen" durch das Vorliegen externer Effekte nicht zu kompensieren vermochte.
Eigentlich interessant ist jedoch, daß Willeke dieselbe historische Entwicklung einmal [205] als Beleg dafür anführt, daß Transportpreise, die wegen externer Kosten unter den sozialen Kosten des Transports lagen, gerade durch diese geringe Höhe eine Entwicklung hin zu einem bis dato unerreichten Wohlstand erlaubten, und ein anderes mal [206] an Hand dieser historischen Entwicklung erläutert, daß zumindest die Gütertransportpreise wegen des regulierten Marktes auf etwa demselben Niveau lagen, auf dem sie gelegen hätten, wäre internalisiert, aber nicht anderweitig reguliert worden. Es bliebe soweit als einzig schlüssige Interpretation die Vermutung, daß Willeke die wesentlichen wachstumsrelevanten Faktoren ausschließlich im Personenverkehr vermutet. Allerdings findet sich nirgendwo sonst bei Willeke (1996) eine Bestätigung für diese Lesart, vielmehr wird im weiteren auch ähnlich in Hinsicht auf die seiner Ansicht nach jahrzehntelang vernachlässigten Infrastrukturinvestitionen argumentiert. [207] Diese Vernachlässigung sei das Ergebnis einer gegen den Markt und gegen die Nachfragesignale gerichteten Politik und belaste Gegenwart wie Zukunft. Wiederum bleibt unklar, wie ein solcherart an seiner freien Entfaltung gehinderter Verkehrssektor simultan eine Entwicklung auf ein im historischen Vergleich unerreichtes Wohlstandsniveau erlauben konnte. [208] Vor allem aber betreffen Defizite in der Straßeninfrastruktur zwangsweise den gesamten Straßenverkehr, also auch den Personenverkehr.
Aber nicht nur in bezug auf die Einschätzung der Regulierungen in der Vergangenheit läßt Willeke den Leser etwas unschlüssig zurück, auch in Hinsicht auf mögliche zukünftige Regulierungen ist seine Argumentation teilweise etwas überraschend. Denn obwohl er sich im Kern gegen die Forderung nach einer Internalisierung der externen Kosten des Verkehrs wendet, argumentiert er immer wieder nicht etwa gegen sogenannte "marktwirtschaftliche Instrumente der Umweltpolitik", sondern gegen dirigistische Maßnahmen, die in jedem Lehrbuch der Umweltökonomik als nichtmarktwirtschaftliche Instrumente zwar vorgestellt aber eindeutig abgelehnt werden - insbesondere Auflagen aller Art. So betont er, daß die "politischen Überlegungen, Planungen und Anläufe zu einer verwaltungswirtschaftlichen Verkehrsumlenkung", [209] einer "zwangsweisen Verlagerung von Teilen des Güterverkehrsaufkommens von der Straße auf die Schiene" [210] die wiederholt zu beobachten gewesen seien, in die Überlegungen einbezogen werden müßten. Und weiter verweist er auf die negativen Konsequenzen einer "dirigistischen `Umschichtung' von Gütern, die, wie es in planwirtschaftlichen Kurzschlußurteilen [heiße], `auf die Schiene gehören'". [211] Nun ist es zwar zweifellos extrem unwahrscheinlich, daß eine dirigistische Verlagerung von Verkehrsströmen ökonomisch sinnvoll ist, aber hieraus zu schließen, eine Internalisierung externer Kosten sei also schädlich, erscheint sehr schwer nachvollziehbar.
Im Zusammenhang mit der Darstellung der von ihm so bewerteten Defizite bei der staatlichen Bereitstellung von Straßenverkehrsinfrastruktur beklagt Willeke (1996, S. 50), daß Leistungsanreizen kein Raum gegeben, sondern die Bahn bei Infrastrukturinvestitionen ungerechtfertigterweise bevorzugt werde. Dies ist eine der wenigen Stellen in Willeke (1996), an der der Autor den Begriff der Anreize aufgreift. Allerdings expliziert er nicht, welche und inwieweit Anreize wirken würden, würde der Straßenverkehr staatlicherseits "nachfragegerecht" mit Infrastruktur versorgt, so wie er das immer wieder fordert. Es wird leider auch keine Quelle für weiterführende Literatur angegeben, in der sich möglicherweise eine solche Erklärung finden könnte. Letztlich verbleibt der Eindruck, daß gerade die Frage adäquater Anreizmechanismen zur Erreichung wirtschaftspolitischer [212] Ziele auffälligerweise eigentlich nicht behandelt wird. [213]
Willeke stuft Anreizmechanismen für eine Reduzierung der durch den Verkehr verursachten Umweltschäden aber wohl auch deshalb als wirkungslos und somit unnötig ein, weil er postuliert, daß nur eine globale Wahl zwischen verschiedenen Entwicklungspfaden, "Paketen" in seinen Worten, bestehe, jedoch keine Möglichkeit innerhalb eines Pfades Gewünschtes zu bekommen, ohne Mißliebiges in Kauf nehmen zu müssen.
"Die gesellschaftliche Wahl gegenüber den real bestehenden politischen Entscheidungsoptionen kann sich gar nicht anders als auf komplexe Gesamtheiten, gleichsam auf Pakete richten, die mit den zuwachsenden Nutzen des Fortschritts auch zusätzliche Kosten enthalten. Die Möglichkeit, aus den auftretenden Wirkungsgesamtheiten gleichsam nur die Rosinen herauszupicken, besteht nicht." (Willeke 1996, S. 128.)
Es ist zwar ohne Zweifel so, daß die Erstellung von Leistungen mit Kosten verbunden ist. Es besteht also selbstverständlich nicht die Möglichkeit, in dem Sinne Rosinen zu picken, daß durch irgendwie geartete Maßnahmen bestimmte Kosten völlig verschwänden, sich quasi in Luft auflösten. Allerdings ist es sehr wohl möglich, ineffiziente Arrangements durch effizientere zu ersetzen - Willeke selbst betont wiederholt die Effizienzgewinne durch die Deregulierung des Straßengüterverkehrs. Leider benennt Willeke kein Kriterium, um solche Fälle wie die Deregulierung, in denen Effizienzgewinne möglich, also Rosinen zu bekommen sind, von solchen unterscheiden zu können, wo nur zwischen Paketen gewählt werden kann.
Ein zweites Problem ist mit obenstehender Aussage verbunden: Gerade für die Wahl zwischen verschiedenen Entwicklungspfaden fehlen nicht nur einerseits Informationen darüber, wo diese hinführen, es fehlt auch andererseits aus eben diesem Grunde ein klares Kriterium, nach dem entschieden werden kann, welcher Pfad zu bevorzugen ist. Der (wenn man dies so pauschal sagen darf) neoklassische Standpunkt zu diesem Problem ist, daß der Versuch, ein statisches Allokationsoptimum zu erreichen, indem die passenden Rahmenbedingungen gesetzt werden, bei Beachtung der dynamischen Anreizwirkungen der wirtschaftspolitischen Instrumente letztlich auch für eine wirtschaftliche Entwicklung sorgt, die zumindest versucht, die durch neu auftretende Knappheiten entstehenden Probleme zu lösen. Es werden einerseits die größten Innovationsanreize dort bestehen, wo den drängenden Knappheiten eine entsprechende kaufkräftige Nachfrage gegenübersteht, andererseits werden nur solche Innovationen sich durchsetzen, die den Wirtschaftssubjekten hinreichend deutliche Vorteile bringen. Wenn nun allerdings, wie Willeke dies befürwortet, Knappheiten nicht über den Markt vermittelt werden (indem man keine Internalisierung der statischen technologischen externen Kosten vornimmt, obwohl dies möglich wäre), so bestehen auch keine den Knappheiten entsprechende Anreize für Innovationen in solchen Bereichen.
Aber Anreize werden von Willeke ja auch kaum thematisiert, wie ebenfalls im folgenden Zitat zu erkennen ist:
"Die Überlegungen [...] sollen in kritischer Abkehr von der Pigou-Tradition zeigen, daß die noch weit verbreiteten Vorstellungen und Forderungen, die auf eine `vollständige' oder `maximale' Internalisierung der je für sich zu erfassenden externen Effekte des Verkehrs und speziell des motorisierten Straßenverkehrs ausgerichtet sind, die tatsächlich bestehenden Problemlagen einer dynamischen Wirtschafts- und Sozialentwicklung verfehlen; sie sind nicht geeignet, das erklärte Ziel, die Realisierung eines über die Zeit gehenden Optimalpfades der Faktorallokation, zu erreichen. Als problemgerechte Zielsetzung sollte dagegen die weitestgehende, wissens- und erfahrungsgestützte Annäherung an einen `optimalen gesellschaftlichen Interessenausgleich' unter gleichzeitiger Beachtung der positiven und negativen Externalitäten gelten, wobei die externen Nutzen und Kosten aus den Zusammenhängen der gesamtwirtschaftlichen Evolution zu erkennen und anzusprechen sind." (Willeke 1996, S. 62)
Leider zeigt Willeke im folgenden nicht, warum eine möglichst weitgehende Internalisierung der je für sich zu erfassenden positiven und negativen technologischen externen Effekte des Verkehrs zu einer anderen als der wünschenswerten Entwicklung führen soll. Zum einen äußert sich dies darin, daß Willeke nicht diskutiert, welches Effizienzkriterium er zum Nachweis der Optimalität des "Optimalpfades" heranzuziehen gedenkt. [214] Zum anderen wird zwar der Gedanke entwickelt, daß nicht, wie angesichts der "überkommenen" neoklassischen Theorie vermutet werden könnte, ein Fortschreiten von einem Wohlfahrtsoptimum zum nächsten zugleich den wohlfahrtsoptimalen Entwicklungspfad darstellt, sondern daß auf kurze Sicht Abweichungen in Kauf zu nehmen sind, um eine langfristige Optimalentwicklung zu ermöglichen, bemerkenswerterweise werden Implikationen und Tragweite dieser These aber eher am Rande gestreift als ausführlich diskutiert.
Am schwierigsten sinnvoll zu interpretieren ist jedoch vor dem Hintergrund der Ablehnung der neoklassischen Theorie die Forderung nach "weitestgehende[r], wissens- und erfahrungsgestützte[r] Annäherung an einen `optimalen gesellschaftlichen Interessenausgleich'". Es wird nicht erklärt, in welchem Sinne "Wissen" von "Erfahrung" unterschieden wird, inwieweit ein solcher Unterschied problemrelevant ist und welche Entscheidungen aus welcher "Erfahrung", bei Abwesenheit von "Wissen" zu treffen sein sollten. [215] Des weiteren wird kein Hinweis darauf gegeben, woran zu erkennen ist, welcher "gesellschaftliche Interessenausgleich" optimal oder dem Optimum nahe sein könnte - wiederum fehlt das Optimalitätskriterium. Und letztlich ist unklar, wie "die externen Nutzen und Kosten aus den Zusammenhängen der gesamtwirtschaftlichen Evolution zu erkennen und anzusprechen" sein sollen.
"Die Evolutorik der Wirtschafts- und Verkehrsentwicklung schließt es aus, durch gezielte Interventionen eine allokationsoptimale Gleichgewichtslage herzustellen." (Willeke 1996, S. 125.)
Es dürfte unumstritten sein, daß wirtschaftliche Entwicklung bedeutet, daß statische Allokationsoptima keinen dauerhaften Bestand haben können, sondern daß sie, selbst wenn sie kurzfristig erreicht werden, immer wieder durch Innovationen aufgehoben werden. Es erscheint allerdings nicht plausibel, warum dies zur Folge haben soll, daß gezielte Interventionen keine deutliche Annäherung an ein statisches Allokationsoptimum [216] erlauben sollten. Möglicherweise läßt sich sogar auf bestimmten, für analytische Zwecke abgrenzbaren Märkten bei hinreichender Abstraktion sinnvoll an Hand der Beobachtung realer Phänomene, die mit theoretischen Aussagen korrespondieren, behaupten, daß gezielte staatliche Eingriffe, z. B. in Form einer Pigou-Steuer, im großen und ganzen für eine Erreichung eines statischen Allokationsoptimums sorgen. Aber möglicherweise sollte damit auch gar nicht ausgesagt werden, daß dies unmöglich sei, sondern vielmehr, daß das Erreichen statischer Allokationsoptima längerfristig irrelevant sei. Darauf deutet hin, daß Willeke wie folgt fortfährt:
"Die Aufgabe besteht vielmehr darin, bestmögliche Voraussetzungen für einen dynamischen Wettbewerb herauszufinden und zu realisieren, der die wirtschaftliche Entwicklung antreibt und dem gesellschaftlichen Fortschritt dient." (Willeke 1996, S. 125.)
Es wird sich wiederum wohl niemand dagegen verwahren, "bestmögliche Voraussetzungen für einen dynamischen Wettbewerb herauszufinden und zu realisieren, der die wirtschaftliche Entwicklung antreibt und dem gesellschaftlichen Fortschritt dient." Das Problem scheint doch eher in der Frage zu liegen, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Merkwürdigerweise vertritt Willeke die Ansicht, dieses Ziel sei dann und nur dann zu erreichen, wenn auf den Versuch einer Internalisierung der statischen technologischen externen Kosten verzichtet wird.
Ähnlich problematisch ist auch die Argumentation an anderer Stelle, [217] wo Willeke betont, daß man die hohe Wertschätzung der Wirtschaftssubjekte für die indirekten und direkten positiven Wirkungen des Verkehrs an dem wenig preiselastischen Nachfrageverhalten ablesen kann. Wenn das so ist, dann bleibt nämlich unklar, worin die von Willeke befürchteten nennenswerten wohlfahrtssenkenden Wirkungen von durch eine Internalisierung der externen Kosten erhöhten Transportpreisen liegen sollten - wenn das Nachfrageverhalten wenig preiselastisch ist, dann wird sich die Transportleistung nur unwesentlich ändern. [218]
Aber auch Willekes zentrale These stellt sich, ausführlich formuliert, als nicht unproblematisch dar:
In der Regel bedürfen [Nutzenstiftungen als Folge von `external economies'] auch keinerlei wirtschafts- und verkehrspolitischer Beeinflussung und Förderung. Sie sind, wenn das Bestehen oder Nichtbestehen eines Interventionsbedarfs das entscheidende Kriterium sein soll, im marktwirtschaftlichen Regelfall nicht relevant. Externe Nutzen aus innovativ-expansiven Entwicklungen der Produktions- und Angebotssysteme werden allerdings dann auch in ordnungspolitischer Hinsicht bedeutsam und zu einem Problem, wenn ihrer Entfaltung künstliche Hindernisse, etwa politische Restriktionen, entgegenstehen oder entgegengestellt werden. Dann wird es notwendig, nach den negativen, nutzenmindernden Folgen dieser Hindernisse zu fragen, Folgen, die sich über ihre unmittelbaren Wirkungen hinaus in belastenden Wirkungsketten als Kostensteigerungen und Qualitätseinbußen über die Volkswirtschaft ausbreiten." (Willeke 1996, S. 106f.)
Willeke stellt also die These auf, die von ihm herausgestellten positiven dynamischen externen Effekte seien zwar letztlich pekuniär und deshalb eigentlich auch nicht zu internalisieren, eine Internalisierung oder eine einer Internalisierung entsprechende Aufrechnung sei jedoch nötig, wenn der Entfaltung "künstliche Hindernisse" entgegenstünden.
Nun ist wohl im wesentlichen unumstritten, daß "künstliche" (hier im Sinne von "mutwillig", d. h. "nicht ökonomisch begründet" zu verstehen) Innovationshindernisse beseitigt bzw. nicht geschaffen werden sollten. Wenn Willeke also nicht nur auf diese Trivialität hinweisen will, so muß davon ausgegangen werden, daß in seinen Augen die Internalisierung statischer technologischer externer Kosten solche "künstliche" Innovationshindernisse erzeugt.
Das bedeutet, daß Willeke eine Aufrechnung dynamischer pekuniärer externer Nutzen gegen statische technologische externe Kosten für nötig erachtet, obwohl er auch bei dynamischen pekuniären externen Effekten, wie bei statischen pekuniären externen Effekten, per se keine Internalisierungsnotwendigkeit sieht.
Leider ist nicht nachvollziehbar, wie dieses äußerst überraschende Ergebnis begründet werden könnte.
Letztlich verläuft Willeke sich in der selbstgeschaffenen Begriffsverwirrung um statische und dynamische sowie technologische und pekuniäre externe Effekte, wenn er glaubt klarstellen zu müssen, daß
"[d]ie Feststellung von externen Nutzen [... durch Neuerungen] in aller Regel nicht [bedeutet], daß die volkswirtschaftlich erwünschte Erschließung des möglichen verkehrsökonomischen Fortschritts an einem `Marktversagen' [...] scheitern würde." (Willeke 1996, S. 135.)
Dies ist nämlich einfach darauf zurückzuführen, daß Willeke hier über dynamische externe Effekte spricht, deren theoretischer Hintergrund wesentlich unschärfer ist, als die begriffliche Reminiszenz an die statische neoklassische Theorie vermuten läßt. Unklar bleibt, an welchem Idealzustand gemessen hier "der Markt" versagen soll. Der Begriff des externen Effekts kann, wie jeder Begriff, nur vor dem Hintergrund einer Theorie in wissenschaftlichen Aussagen sinnvoll verwendet werden. "Externe Effekte" sind ein theoretisches Konstrukt, das im Rahmen der statischen neoklassischen Theorie entwickelt, definiert und a priori auch nur dort gehaltvoll verwendbar ist. Die Begriffsbildung "dynamischer externer Effekt" soll darauf hindeuten, daß analog zu statischen externen Effekten in einem dynamischen Modellrahmen, d. h. in einer Theorie mit endogenem technischem Fortschritt, eine Situation existiert, die eine Wohlfahrtssteigerung durch Korrektur eines Marktversagens erlaubt. Leider existiert kein dynamisches Effizienzkriterium [219] bzw. kein Wohlfahrtsmaß, das so etwas wie ein dynamisches Marktversagen meßbar machen könnte. [220] Trotzdem behauptet Willeke aber, daß eine "dynamische Systemeffizienz" [221] irgendwie sinnvoll definiert ist und somit unterschieden werden kann, ob sie "als gewährleistet gelten kann" [222] oder nicht.
Die Überprüfbarkeit von Willekes These, die im Kern besagt, daß eine Inkaufnahme von Kosten in der Gegenwart durch die innovativere wirtschaftliche Entwicklung eine um so vieles bessere Zukunft ermöglicht, daß die jetzigen Kosten in Kauf zu nehmen sind - insbesondere insoweit es sich um externe Kosten des Straßenverkehrs handelt - steht und fällt mit der grundsätzlichen Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit, die Ergebnisse der heutigen innovationsbeeinflussenden Entscheidungen vorauszusehen. Die neoklassisch fundierte Umweltökonomik geht implizit davon aus, daß eine Aneinanderreihung statischer Wohlfahrtsoptima in Verbindung mit der dynamischen Anreizwirkung der Preissignale auf die Richtung innovativer Aktivitäten zu einem zumindest befriedigenden Entwicklungspfad führt. Andere Ansätze, wie z. B. bestimmte Spielarten des Sustainable Development oder auch das u. a. vom Wuppertal-Institut vertretene Faktor 10-Konzept, [223] stufen zwar die Ergebnisse marktwirtschaftlich dominierten und nicht ökologisch und / oder sozial korrigierten Wirtschaftens als langfristig nicht tragbar ein, begründen aber zumindest die einfachen Regeln, die zur Ergänzung marktwirtschaftlicher Regeln das menschliche Wirtschaften mit dem natürlichen Rahmen wieder versöhnen sollen.
Willeke aber gelingt es nicht, überzeugend zu zeigen, warum ausgerechnet ein Verzicht auf die Internalisierung der externen Kosten des Straßenverkehrs zu einem höheren zukünftigen Wohlfahrtsniveau führen soll, als eine Wirtschaftspolitik, die versucht, Innovationen und technischen Fortschritt in irgendeiner Weise auf der Basis einer Internalisierung externer Kosten, soweit dies möglich ist, zu fördern.
Es ist ja nicht so, daß durch eine Argumentation auf der Ebene externer Effekte die Anreizwirkung auf Richtung und Ausmaß des technischen Fortschritts [224] bewußt ignoriert würde, vielmehr liegt gerade darin der Kern der Diskussion über Instrumente der Umweltpolitik. [225] Es lassen sich auf der Basis komparativ statischer Betrachtungen in einem zweiten Schritt, weniger formalisiert, durch eine Analyse der Anreizwirkungen Aussagen über Stärke und Richtung des technischen Fortschritts machen, indem gezeigt wird, welche Gewinnaneignungsmöglichkeiten jeweils durch eine internalisierende Bepreisung ehedem freier, wenn auch knapper Ressourcen geschaffen werden. Der hier relevante Unterschied zwischen einer auf der statisch-neoklassischen Theorie basierenden und einer den technischen Fortschritt endogenisierenden, "dynamischen" Behandlung des Umweltproblems liegt also weniger in der Frage, ob technischer Fortschritt beachtet oder ignoriert wird, sondern in der Frage, ob aus der dynamischen Betrachtung herzuleiten ist, daß eine Internalisierungsstrategie, die von ihrem theoretischen Hintergrund her auf das Erreichen eines Gleichgewichts ausgerichtet ist, in einer dynamischen, gleichgewichtsfernen Welt zu schlechteren Ergebnissen führt als eine durch eine "dynamische" Theorie gegebene Empfehlung. [226]
Problematisch ist hierbei m. E., wie oben schon angesprochen, insbesondere die Entscheidung darüber, was "bessere" und was "schlechtere" Ergebnisse sind. [227] Im Rahmen der neoklassischen Theorie existiert mit dem Pareto-Kriterium ein Effizienzkonzept, das m. E. nicht ohne weiteres auf Fragestellungen übertragbar ist, die eine explizite oder implizite Wahl zwischen noch nicht (vollständig) entwickelten Technologien mit einem zumindest teilweise unbekannten Potential für Weiterentwicklungen betreffen. Dies soll im folgenden Exkurs am Beispiel der Frage, ob sinnvoll von ineffizienten lock-ins in bestimmte Pfade der Technologieentwicklung gesprochen werden kann, illustriert werden. [228]
Arthur stellt in verschiedenen Aufsätzen [229] und mit unterschiedlichen Modellen die These auf und versucht zu zeigen, daß sich im Wettbewerb verschiedener Technologien nicht notwendigerweise die "beste" durchsetzt. Eine Situation, in der ein Wechsel von einer im Nachhinein als inferior erkannten Technologie zu einer besseren wegen sunk costs nicht mehr lohnt, wird als lock-in in die inferiore Technologie bezeichnet. Für das Auftreten von lock-ins lassen sich im wesentlichen zwei Ebenen der Begründung benennen, nämlich einerseits Massenproduktions- und Verbundvorteile (zu denen man prinzipiell auch Netzwerkexternalitäten rechnen kann [230]) bei gegebener Technologie und andererseits Lerneffekte und andere Einflüsse auf die Weiterentwicklung einer Technologie (oder komplementärer Technologien). Mit der Frage, ob die erste Begründungsebene real relevante Wohlfahrtseinbußen auszulösen droht, oder ob nicht vielmehr ex ante bekannte oder zumindest begründet vermutbare Gewinnmöglichkeiten die Findigkeit der Marktteilnehmer anregen, setzen sich Liebowitz / Margolis verschiedentlich [231] auseinander. Sie kommen zu dem Schluß, daß vieles dafür spricht, daß hier gar kein Problem vorliegt, denn die Beispiele für vorgeblich inferiore Lösungen in der Realität sind zweifelhaft [232] und Technologien mit ausgeprägten Kritische-Masse-Problemen, wie z. B. das Telefon, sind trotzdem in der Realität von privaten Unternehmen eingeführt worden. [233]
Die zweite Begründungsebene führt zu einem m. E. noch wesentlich fundamentaleren Problem. Analog zu Dahlmanns (1979) Argumentation bezüglich der Relevanz statischer externer Effekte ist zu fragen, ob die in einer Aussage über Ineffizienz implizierte Vergleichsposition überhaupt möglich ist, oder ob nicht vielmehr ein möglicher Zustand der Welt mit einem unmöglichen, unerreichbaren verglichen wird. [234] Und läßt sich dem Dahlmannschen Argument in einem statischen Modellrahmen noch entgegenhalten, daß im Rahmen einer normativen Theorie Vorschläge unterbreitet werden können, die die Anzahl der möglichen (weil bekannten) Strategien für die wirtschaftlichen Akteure erhöhen, [235] so ist nicht erkennbar, auf welcher Basis wissenschaftliche Aussagen darüber getroffen werden sollen, welche aus einer Anzahl konkurrierender Technologien durch zukünftige Innovationen das höchste Wohlfahrtsniveau zu erreichen erlaubt - es ist noch nicht einmal zu entscheiden, ob es vorteilhaft ist, einen Wettbewerb von Technologien zu fördern oder ihn durch Standardisierung frühzeitig administrativ zu entscheiden. Damit sinnvoll von einer ineffizienten Lösung gesprochen werden kann, ist es nötig, daß ein Akteur existiert, der etwas hätte besser wissen können, etwas hätte besser entscheiden können. Wenn aber Innovationen sich gerade dadurch auszeichnen, daß sie originär Neues ins Spiel bringen, [236] dann ist es schlichtweg logisch nicht möglich, sie ex ante derart zu bewerten.
In diesem Kapitel war zu untersuchen, ob nennenswerte externe Nutzen des Straßen- und Schienenverkehrs identifiziert werden können, die die in der verkehrswissenschaftlich-umweltökonomischen Literatur übliche Gleichsetzung externer Effekte mit externen Kosten unzulässig erscheinen lassen. Dabei konnte in einem ersten Schritt festgehalten werden, daß der Versuch, externe Nutzen des Straßengüterverkehrs vor dem Hintergrund der neoklassischen Theorie herauszuarbeiten, nicht erfolgreich war. Gerade die Tatsache, daß die in diesem Zusammenhang untersuchten Qualitätsdimensionen der Transportdienstleistung intern beim Nachfrager sichtbar werden, ist wohl ein zentraler Aspekt des dramatischen Siegeszuges des Straßen- über den Schienengütertransport. [237]
In einem zweiten Schritt wurde dann untersucht, ob sich aus einem dynamischen Ansatz, der die Bedeutung von Infrastruktur für wirtschaftliches Wachstum und den technischen Fortschritt berücksichtigt, herleiten läßt, daß eine Internalisierung der externen Kosten nicht wünschenswert ist, d. h. ob "dynamische externe Nutzen" den statischen externen Kosten entgegenzuhalten sind.
Dabei zeigte sich, daß
Des weiteren ist zu beachten, daß kein Anlaß zu der Vermutung besteht, daß keine "dynamischen externen Kosten" existieren - letztlich ließen sich viele Argumente der Sustainable Development-Diskussion in diesem Sinne formulieren.
Es erscheint also berechtigt, externe Effekte erstens aus Handhabbarkeitsgründen in einem neoklassischen Modellrahmen zu quantifizieren und sich dabei dann bezüglich des Straßen- und Schienenverkehrs zweitens auf externe Kosten zu beschränken.
[150] Vgl. Bohm (1987, S. 262), der auf Robertson (1924) verweist.
[151] Der Begriff "Nutzen" ist in diesem Zusammenhang gängig, wenn auch m. E. verwirrend. An sich werden in der Ökonomik als Nutzen Größen bezeichnet, die weder intersubjektiv vergleichbar noch addierbar sind - von der Möglichkeit, sie von Kosten zu subtrahieren, ganz zu schweigen. Was in diesem Kapitel als Nutzen bezeichnet wird, sind Erträge, die (zumindest prinzipiell) in Geldeinheiten meßbar, intersubjektiv vergleichbar und mit anderen in Geldeinheiten meßbaren Größen, insbes. Kosten, verrechenbar sind.
[152] Vgl. außer den im folgenden besprochenen Untersuchungen, z. B. auch die in o. V. (1997j) dargestellte Position von Baum.
[153] Er benutzt den Begriff "soziale Zusatznutzen".
[154] Bickel / Friedrich (1995, S. 28).
[155] Vgl. Diekmann (1990, S. 334).
[156] Teilweise auch als IRU-Studie bezeichnet.
[157] Wenn feststeht, daß bestimmte externe Kosten aus höherrangigen Gründen nicht internalisiert werden dürfen, dann ist es nicht nur unnötig, ihre genaue Höhe zu berechnen - diese Information darf ja nicht in geänderte Handlungen umgesetzt werden -, sondern auch zweifelhaft, inwiefern überhaupt noch sinnvoll von "externen Kosten" gesprochen werden kann.
[158] Titel der deutschen Ausgabe: "Der volkswirtschaftliche Nutzen des Straßengüterverkehrs".
[159] Alternativ berechnen sie auch die Kosten der Verlagerung des gesamten Straßengüterfernverkehrs - diese Variante wird jedoch nicht bis zum Ende weitergeführt, da sie zu offensichtlich sinnlosen Ergebnissen führt.
[160] Das ist Dogs / Platz (1991).
[161] Aberle et al. (1993) verwenden die Begriffe "social benefits", "extra social benefits" und "technological positive external effects" nicht immer einheitlich und konsistent. Auf S. 5 in Punkt 7 und den Fußnoten 7 und 8 und S. 6 Punkt 8 verwendet er den Begriff "social benefits" i. S. v. "soziale Zusatznutzen". Auf S. 34 jedoch erläutert er, daß "extra social benefits" aus Aspekten von Gütern entstehen, für die die Nachfrager Ihre Präferenzen nicht offenbaren. Dies entspricht der üblichen Begriffsverwendung, die Aberle selbst auch auf S. 37 nochmals klar zusammenfaßt, wo er unter Punkt 8 erklärt, daß "social benefits" die Summe aus "private benefits" und "extra social benefits" sind. Diese unklare Begriffsabgrenzung zieht sich durch die gesamte Arbeit hindurch, so wird z. B. nicht klar herausgearbeitet, ob die bessere Qualität der Transportleistung als "private benefits" oder "extra social benefits" gewertet werden. Vgl. auch Mauch / Rothengatter (1995, S. 10), wo ebenfalls auf diese Uneindeutigkeit hingewiesen wird. Trotz dieser Schwierigkeiten trifft die im weiteren zugrunde gelegte Interpretation m. E. wohl Aberles Intention.
[162] Darauf deutet ja auch schon die Tatsache hin, daß im Wettbewerb zwischen Straßengüterfernverkehr und der Deutschen Bundesbahn in der BRD gerade der Preiswettbewerb durch Regulierung ausgeschaltet war, und trotzdem die Bahn dramatisch an Marktanteilen verlor.
[163] Vgl. auch Huckestein (1994).
[164] Wolf (1986) fordert eine Verlagerung von Transporten über 50 km Entfernung auf die Schiene, so wie dies auch ehemals in der DDR geregelt war. Dies entspräche dem von Aberle et al. nicht bis zur Schlußrechnung weiterverfolgten zweiten Szenario. Vgl. auch Willeke (1996, S. 46), der ebenfalls seiner Position kontrastierend die pauschale Forderung "Güter gehören auf die Schiene" gegenüberstellt.
[165] Langfristig sollten Anpassungsprozesse zu erwarten sein - diese werden aber ebensowenig diskutiert, wie die Frage, welche Maßnahmen für die Verlagerung um 30% fingiert wurden. Vgl. zur Bedeutung von Anpassungsprozessen im Rahmen einer komparativ-statischen Analyse auch Fogel (1964/71, S. 188).
[166] Und die mit der Technologie verbundene Organisation.
[167] Das heißt: Vorteile für die mit Schienentransporten befaßten Unternehmen.
[168] Vgl. Aberle et al. (1993, S. 4).
[169] Zumindest sofern man die Betrachtung auf die Parteien beschränkt, die eine echte Chance auf Teilhabe an der Regierungsverantwortung haben.
[170] Vgl. Kill (1991, S. 105, insbes. auch Fn. 57).
[171] Vgl. die in Kapitel 2 angeführten und ausgewerteten Quellen (mit Ausnahme von Diekmann 1990).
[172] Vgl. zur Bedeutung und dem Ansatz des Santa-Fe-Institute z. B. die populärwissenschaftliche Darstellung von Waldrop (1993), den Tagungsband von Anderson / Arrow / Pines (1988) oder auch Gell-Mann (1996).
[173] Vgl. z. B. Fleischmann (1998, S. 17).
[174] Wobei diese möglicherweise technologische positive dynamische externe Effekte sein könnten, Willeke jedoch letztlich mit pekuniären positiven dynamischen externen Effekten argumentiert.
[175] Vgl. z. B. auch Sohmen (1976, S. 247f), der betont: "Die einzig überzeugende Schlußfolgerung kann nur lauten, jeden einzelnen Störungsfaktor getrennt zu beurteilen und zu versuchen, die ihm adäquaten Korrekturmaßnahmen vorzunehmen. Dies dürfte immer noch eine leichtere Aufgabe sein als der Versuch, eine Art der Störung durch eine andere zu kompensieren, vor allem im Hinblick auf die Nebenwirkungen jeder Allokationsstörung auf andere Bereiche.
[176] Vgl. z. B. Willeke (1996, S. 62).
[177] Vgl. zum Sustainable Development z. B. Schmidheiny et al. (1993, S. 27 - 42) oder Goodland et al. (1992).
[178] Willeke (1996, S. 15).
[179] Willeke (1996, S. 15).
[180] Strenggenommen eigentlich: des motorisierten Individualverkehrs und des Straßengüterverkehrs.
[181] Vgl. Fogel (1964/71).
[182] Vgl. auch Fremdling (1985, S. 1f u. S. 12 Fn. 64).
[183] Gemeint ist ein Wohlfahrtsniveau, das dem aktuellen entspricht.
[184] Ähnlich äußerte sich auch schon vor 10 Jahren die Gruppe Verkehrswissenschaft des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesminister für Verkehr, der Willeke angehörte (vgl. Aberle et al. 1987, S. 133 - 135). Immerhin werden dort Beispiele zur Illustration dieser These angeführt, und zwar die Regionen mit dem niedrigsten BIP pro Kopf, die zugleich auch als die mit der schlechtesten Verkehrsinfrastruktur identifiziert werden (vgl. Aberle et al. 1987, S. 134).
[185] Strenggenommen erwarte ich aus grundsätzlichen Erwägungen heraus, daß es unmöglich ist, diesen Nachweis zu führen. Und auch wenn z. B. Fremdling (1985) seine Untersuchung über "Eisenbahnen und deutsches Wirtschaftswachstum 1840 - 1879" als Beitrag zur Entwicklungstheorie und zur Theorie der Infrastruktur tituliert und darauf verweist, daß seine Ergebnisse mit den Voraussagen der Hirschmannschen Theorie des "Unbalanced Growth" übereinstimmen, so zeigt dies doch zunächst nur die Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur (damals vor allem physischer Verkehr) für die industrielle Revolution. Und dies bedeutet keineswegs, wie Willeke annimmt, daß dies heute noch so gelten muß - weder in Entwicklungsländern, die ihre "industrielle Revolution" vor dem Hintergrund einer 200 Jahre weiter entwickelten Weltwirtschaft und mit dem in dieser Zeit erworbenen Know-how durchführen, noch in den entwickelten Industrienationen. Bei diesen scheint doch die wachstumsleitende Technologie eher die Mikroelektronik und die Informationsverarbeitung zu sein - teilweise also Nachrichtenverkehrsinfrastruktur, teilweise überhaupt keine Infrastruktur, sondern "normale" private Güter. Vgl. z. B. auch Wegner (1995, S. 183 Fn.3).
[186] Dies räumt ja z. B. auch Fogel (1964/71) ein.
[187] Vgl. Willeke (1996, S. 26).
[188] So führt er z. B. aus: "Diese Schrift [gemeint ist Willeke 1996, R. H. R.] klebt gerade nicht am Status quo, sie ist vielmehr das Plädoyer für eine dynamische und innovative Weiterentwicklung von Mobilität und Verkehr." (Willeke 1996, S. 27).
[189] D. h. unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts.
[190] Willeke (1996) präferiert den Begriff "evolutionär".
[191] Zum Beispiel: "Es wird sich dabei zeigen, daß die mit der komparativ-statischen Variationsmethode des neoklassischen Gleichgewichtsansatzes nur unzulänglich formulierte und problemfremd anvisierte Aufgabe erst in der neueren Sichtweise einer evolutionsökonomischen Prozeßanalyse erfolgversprechend der Diskussion [...] zugeführt werden kann." Und weiter: "Während die Begründungen und Schlußfolgerungen der alt-neoklassischen Orthodoxie - für manche überraschend - den Instrumentenkasten kumulativer Interventionen weit öffnen, entspricht eine Ausrichtung der Verkehrspolitik auf die Erfordernisse dynamischer Prozeßeffizienz dem realistisch gefaßten Regelwerk der Markt- und Wettbewerbswirtschaft, einschließlich der in diesem System geforderten Tätigkeit staatlicher und kommunaler Planungseinheiten." (Willeke 1996, S. 26) Verwiesen wird zum Beleg auf Nelson / Winter (1982 - ohne Seitenangabe).
[192] Vgl. Willeke (1996, S. 92).
[193] Willeke (1996, S. 92) spricht von "Jahrhunderte[n], ja [...] Jahrtausende[n]".
[194] Willeke zitiert an dieser Stelle beispielhaft die Forderung des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt und Energie den Ressourcenverbrauch in Deutschland bis zum Jahr 2050 auf ein Zehntel zu verringern.
[195] So zum Beispiel auf der darauffolgenden Seite (Willeke 1996, S. 94).
[196] Vgl. neben dem dort zitierten Absatz (Willeke 1996, S. 13) z. B. auch Willeke (1996, S. 19).
[197] Auch wenn in neuerer Zeit durch Begriffe wie "Datenautobahn" (bzw. treffender im Original "Information Superhighway") oder "surfen im Internet" Begriffe aus dem Bereich des physischen Verkehrs auf die Informationsübertragung angewendet werden, so wird doch in der Regel auch das Telefon, das wohl die am weitesten verbreitete IuK-Technologie darstellt, nicht als Bestandteil der Mobilität gewertet werden.
[198] Trotz aller Kritik an den mit der Produktion von Computerhardware verbundenen Umweltschäden scheint es doch nicht wahrscheinlich, daß eine wie auch immer geartete Internalisierung externer Effekte die IuK-Technologien im gleichen Umfang verteuern wird, wie den physischen Transport von Personen und Gütern. Willeke äußert sich auch keineswegs dergestalt.
[199] Das Argument wird mehrfach in Willeke (1996) vorgebracht, nicht immer ist klar, wie es gemeint ist. Im Sinne eines Hinweises auf einen untersuchungswürdigen Tatbestand wird es explizit z. B. auf S. 112 in Fußnote 166 gebraucht. Anders ist es allerdings m. E. zu verstehen, wenn erklärt wird: "Die Hinnahme externer Kosten - in einem immer wieder durch Nutzen-Kosten-Abschätzungen kontrollierten Umfang - ist mithin ein Preis für die Nutzen und Vorteile aus der Teilhabe an einem mit dem wirtschaftlichen Wachstum und der sozialen Entwicklung ansteigenden Qualifikations-, Beschäftigungs- und Konsumpotential. Die Höhe der jeweils akzeptierten externen Kosten spiegelt dann das Gewicht der erwarteten externen Nutzen. Man kann dies eine kontrollierte, kollektive Internalisierung von Belastungen nennen, deren Hinnahmen gesellschaftlich gewünschten Entwicklungen dient oder diese tatsächlich erst ermöglicht." (Willeke 1996, S. 113.) Abgesehen davon, daß eine Bezeichnung eines solchen Verhaltens als "Internalisierung" ebenso irreführend ist, wie es wenig sinnvoll wäre, es als "Leistungskontrolle" zu bezeichnen, wenn eine Unternehmensleitung die Angestellten nicht kontrolliert, weil diese besser arbeiten, wenn eine Atmosphäre des Vertrauens geschaffen wird, wird hier gerade der Prozeß als empirischer Nachweis der gesellschaftlichen Rationalität der Hinnahme von externen Kosten des Kraftfahrzeugverkehrs angeführt, der letzten Endes durch die Untersuchung erzeugt oder zumindest erhalten werden soll. Das heißt, daß Willeke letztlich erklärt, daß die Belastungen durch den Kraftfahrzeugverkehr hinzunehmen sind, da sie Nutzen stiften, was man daran erkennt, daß sie hingenommen werden. Dies ist tautologisch, auch wenn sich der Gedankengang in Willeke (1996) auf mehrere Seiten verteilt und mit wiederholten Hinweisen auf die Notwendigkeit von Abwägungen und Kosten-Nutzen-Analysen ergänzt wird. Vgl. auch Willeke (1996, S. 115). Im übrigen ließe sich ebensogut argumentieren, daß die politischen Bestrebungen zur Internalisierung der externen Kosten des Verkehrs Ausdruck der Tatsache sind, daß die Bevölkerung mit ihren Wählerstimmen auch den Parteien ein Mandat gab, die zum Ausdruck bringen, daß die Belastungen durch den Verkehr zunehmend lokal nicht mehr zu akzeptieren sind.
[200] Vgl. z. B. Cansier (1993, S. 22f) sowie Feess (1995, S. 13 - 15, Fn. 16) und für das vergleichbare Problem bei nichtrationierten nichterneuerbaren Ressourcen Feess (1995, S. 225).
[201] Interessanterweise findet sich in der Charta von Athen ein Plädoyer für wohnortnahes Arbeiten in fußläufiger Entfernung (vgl. z. B. Hilpert 1984, S. 144). Es ist also wohl eher denen, die die Charta von Athen im Sinne einer autogerechten Stadt (miß-)interpretierten, die Weitläufigkeit der Siedlungsstrukturen zuzurechnen, als Le Corbusier, dem ursprünglichen Autor der Charta von Athen.
[202] Willeke (1996, S. 34).
[203] Das heißt, daß das Wohlstandsniveau heute geringer wäre, wenn eine Internalisierung vorgenommen worden wäre.
[204] Vgl. Willeke (1996, S. 43).
[205] Vgl. Willeke (1996, S. 36).
[206] Vgl. Willeke (1996, S. 43).
[207] Vgl. Willeke (1996, S. 48).
[208] Eigentlich unklar bleibt vor allem, wie gigantisch Willekes Ansicht nach unser Wohlstand heute wäre, hätte der Straßenverkehr sich in Willekes Sinne ungehindert entfalten können.
[209] Willeke (1996, S. 46). Man beachte auch die Parallelen zu der Argumentation von Aberle et al. (1993), siehe oben.
[210] Ebenda.
[211] Ebenda.
[212] Letztlich ist auch Umweltpolitik, zumindest insoweit es um die Internalisierung externer Effekte geht, Wirtschaftspolitik.
[213] Es stellt m. E. auch keine Diskussion von Anreizmechanismen dar, wenn auf die förderliche Wirkung von Infrastruktur für wirtschaftliche Entwicklung einerseits und auf die förderliche Rückwirkung der wirtschaftlichen Entwicklung auf die Entwicklung der Infrastruktur andererseits verwiesen wird.
[214] Auf das Problem des Effizienzkriteriums bei dynamischen Theorieansätzen wird im weiteren noch einzugehen sein.
[215] Oder inwieweit Erfahrung ergänzend zu Wissen genutzt werden kann. An anderer Stelle spricht Willeke auch nur von einem "wissensgestützte[n] optimale[n] Interessenausgleich" (Willeke 1996, S. 95), ohne allerdings in irgendeiner Form auf diesen Unterschied einzugehen.
[216] Selbstverständlich unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Wirklichkeit in der Regel wesentlich komplizierter (und komplexer) ist als die neoklassische Gleichgewichtstheorie.
[217] Vgl. Willeke (1996, S. 19).
[218] Man könnte sich natürlich fragen, warum dann überhaupt internalisiert werden soll, man kann sich den Aufwand (Transaktionskosten) ja auch sparen, wenn nur marginale Veränderungen die Folge sind. Zum einen gilt dies aber selbstverständlich nur kurzfristig, denn langfristig werden andere Anreize für technische und organisatorische Innovationen gesetzt als durch ein Preissystem ohne Berücksichtigung der sozialen Zusatzkosten. Zum anderen ist auch bedeutsam, was z. B. im Falle der Pigou- (Steuer-) Lösung mit den Einnahmen aus der Pigousteuer geschieht. Die übliche Lehrbuchdarstellung ist die, daß die Einnahmen als lump-sum subsidy an die Wirtschaftssubjekte verteilt werden. Wenn jedoch (wie in jedem real existierenden Staatswesen) Steuern ohnehin erhoben werden, so scheint es vorteilhaft, diese anderen, i. d. R. mit einem excess burden verbundenen Steuern durch die Einnahmen aus der Pigousteuer teilweise zu substituieren, wodurch als weitere positive Wohlfahrtswirkung der excess burden insgesamt reduziert werden kann. Die realen bundesdeutschen politischen Vorschläge für eine Internalisierung der externen Kosten des (Straßen-) Verkehrs sehen jedoch m. W. alle vor, die Einnahmen aus der Mineralölsteuererhöhung im wesentlichen der Gruppe der Berufspendler zukommen zu lassen, um einen Vertrauensschutz zu gewährleisten, da die Standortentscheidung bezüglich Wohn- und Arbeitsort im Rahmen des Preissystems ohne Internalisierung getroffen wurde.
[219] Es sei daran erinnert, daß "dynamisch" in dieser Arbeit, wie auch bei Willeke (1996) bedeutet, daß die Rückwirkung des Marktgeschehens auf die innovative Aktivität berücksichtigt wird, wobei ausdrücklich auch grundlegende Neuerungen, originär Neues, mit einbezogen ist.
[220] Willeke (1996) selbst zitiert an anderer Stelle (S. 138) Rahmeyer (1995) mit der Feststellung, daß ein Allokationsoptimum bei technischem Wandel nicht zu bestimmen sei.
[221] Willeke (1996, S. 137).
[222] Willeke (1996, S. 137).
[223] Vgl. für einen groben Überblick zum Faktor 10-Konzept Wille (1997b).
[224] Vgl. auch Dosi (1988, S. 1142).
[225] Vgl. z. B. Feess (1995, S. 19).
[226] Vgl. auch Gell-Mann (1996, S. 448, 487f), der, obwohl er vehement eine "realistischere" Wirtschaftstheorie fordert und die Wirtschaft als "evolving complex system" begreift, auch nachdrücklich für eine Internalisierung der externen Kosten plädiert, da dies die richtigen Anreize setzt.
[227] Interessanterweise wird dieses Problem in diesem Zusammenhang selten explizit diskutiert. Es finden sich aber immer wieder Hinweise in dieser Richtung, so z. B. auf die Möglichkeit verschiedener "gleichwertiger" Systemzustände (vgl. Anderson et al. 1988, S. 249) und auf die Schwierigkeiten von Politikempfehlungen, da auch der handelnde politische Akteur schwerlich wissen kann, welche Technologie in Zukunft die beste sein wird (vgl. Arthur 1988b, S. 26).
[228] Vgl. auch Leipold (1996), der im Rahmen eines kritischen Überblicks zur Northschen Erklärung ineffizienter Institutionen durch Pfadabhängigkeiten ebenfalls die Arthurschen Arbeiten zur Erläuterung heranzieht.
[229] Vgl. Arthur (1985, 1986, 1987, 1988a, 1988b, 1989, 1990), Arthur / Ermoliev / Kaniovski (1986, 1987) sowie Katz / Shapiro (1985, 1986), Farrell / Saloner (1985, 1986, 1987), David (1985, 1986).
[230] Vgl. z. B. Liebowitz (1998, S. 122), wo auch keine deutliche Unterscheidung zwischen economies of scale or scope, die mit der Ausbringungsmenge eines Betriebs oder eines Unternehmens wachsen (also eine Tendenz zu Märkten mit einer eher niedrigen Anbieterzahl implizieren), und Netzwerkeffekten, die eher auf Seiten der Nachfrager auftreten und daher grundsätzlich mit einer polypolistischen Marktstruktur vereinbar sind, getroffen wird.
[231] Vgl. Liebowitz / Margolis (1990, 1994, 1995a, 1995b) sowie Liebowitz (1998) und kritisch dazu Heimer (1998).
[232] Negroponte (1997, S. 124f) verwendet im Zusammenhang mit Benutzeroberflächen bei Computern den Begriff "kaum sichtbarer Unterschied" (KSU) um die Frage der Relevanz von Veränderungen zu thematisieren. Im Sinne dieser Begrifflichkeit könnte es sich auch bei dem Unterschied zwischen dem heutigen technischen Stand von VHS und dem, was aus betamax bis heute wohl geworden wäre, um einen "kaum sichtbaren Unterschied" handeln. Ebenfalls fraglich ist, ob eine "ausgestorbene" Technologie nicht unter veränderten Bedingungen "wiederauferstehen" kann - in dieser Hinsicht könnten z. B. die aktuellen Planungen interpretiert werden, das Prinzip der Zeppeline (Luftschiffe mit festem Gestell) mit modernen technischen Zutaten für den Transportbedarf von Großanlagenbauern zu nutzen (vgl. Rickens 1997). Die vorläufige Endstation der Zeppelinentwicklung nach der Katastrophe von Lakehurst mag wohl eine Renaissance der Luftschiffe erschwert haben und noch immer erschweren, aber ein lock-in im Sinne einer Verunmöglichung der zukünftigen Nutzung dieser Technologie existiert augenscheinlich nicht.
[233] Ähnlich argumentiert auch Coase (1974) in bezug auf öffentliche Güter am Beispiel von Leuchttürmen.
[234] Ähnlich äußert sich Simonis (1998, S. 57) unter Bezugnahme auf Knie (1998), der u. a. die Tatsache, daß das Automobil das vorherrschende Transportmittel darstellt, als lock-in ansieht.
[235] Konkret: Illustriert man das Dahlmannsche Argument dergestalt, daß Externalitäten, die nicht von den Beteiligten durch Verhandlungen beseitigt werden, nichts anderes sind als das Zeichen, daß die Situation wegen prohibitiv hoher Transaktionskosten nicht mehr verbessert werden kann, so kann man dem entgegenhalten, daß man es auch als Aufgabe eines Wirtschaftswissenschaftlers ansehen kann, für solche Situationen alternative institutionelle Arrangements zu entwerfen, die eine Wohlfahrtssteigerung erlauben - die Pigou-Steuer kann hierfür als Beispiel dienen. Das Dahlmannsche Argument trägt also nur so lange keine wissenschaftlichen Vorschläge zur Verbesserung der Situation existieren bzw. existieren können oder wenn diese gedanklich nicht zugelassen werden.
[236] Vgl. z. B. Dosi (1988, S. 1126, 1133f), Fleischmann (1998, S. 17f), Wegner (1995, S. 181) sowie Biervert / Held (1992, S. 9).
[237] Schließlich wurde ein Preiswettbewerb ja durch die bundesdeutsche Regulierung unterbunden.
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